Saison 2017_2018
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Schiffbau
23.09.2017 |
Antonio Vigano
Fratelli nach Carmelo Samona
"Zwei erwachsene Brüder leben gemeinsam in einer Wohnung. Einer der
beiden hat autistische Züge, lebt in seiner eigenen Welt. Der andere
bemüht sich um ihn, übernimmt Verantwortung für das Leben seines Bruders
und hilft ihm den Alltag zu bewältigen. Er versucht ihn zu verstehen,
mit ihm zu kommunizieren, die Logik im Verhalten seines Bruders zu
verstehen und Zugang zu dessen Welt zu finden. Mit Hilfe von Ritualen
und Spielen, schafft er es, sich seinem Bruder zu nähern. Geschichten,
das Nachspielen von Geschichten scheinen den Bruder glücklich zu machen.
Momente der Gemeinsamkeit wechseln mit Augenblicken der Verzweiflung,
wenn die scheinbare Nähe wieder unendlich weit wegrutscht, ohne dass man
weiss, warum und weshalb. Gesten und Bewegungen sind Ausdrucksmittel, um
eine gemeinsame Sprache zu finden, eine Kommunikation, die sich Worten
und rationaler Logik verweigert."
[Schauspielhaus]
Gut gespielt, etwas pädagogisch halt. |
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Pfauen
27.10.2017 |
Barbara Frey
Der zerbrochene Krug von Heinrich von Kleist
"Der Krug der Marthe Rull ist zerbrochen. Nachdem das wertvolle Stück
ein Zeitalter von Brand und Zerstörung überstanden hatte, ging er
ausgerechnet im Zimmer der Tochter Eve zu Bruch. Unter Verdacht steht
Eves Verlobter Ruprecht, den Marthe vor dem Gericht in Huisum verklagt.
Doch Ruprecht erlebte am Tatort ganz anderes: Er habe Eve mit einem
unerkannten Fremden, der sogleich die Flucht ergriff, bei einer
nächtlichen Liaison erwischt. Huisums Dorfrichter Adam hat den Fall
aufzuklären. Dieser rückt zunehmend selbst ins Licht des Verdachts. Er
verstrickt sich immer mehr in Behauptungen und Lügen und hält somit wie
König Ödipus über sich selbst Gericht. Zum Schluss wissen Kläger wie
Angeklagte, dass es Adam war, den Ruprecht in die Flucht trieb. Er
schlich aus Zuneigung nachts zu Eve ins Zimmer und wollte sie erpressen.
Doch ob am Ende die Guten belohnt und die Bösen bestraft sind, bleibt in
diesem tragischen wie komischen Lustspiel zweifelhaft. In Kleists
Gerichtssaal gleicht die Welt der Wahrheitssuchenden viel mehr dem
Scherbenhaufen der Marthe Rull."
[Schauspielhaus]
Ein Inszenierung ganz im Dienste des Kleist-Textes. Klasse! |

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Pfauen
04.11.2017 |
Tina Lanik
Die Dreigroschenoper von Bertolt Brecht
Musik Kurt Weill
"Polly Peachum ist verliebt. Der allseits gefürchtete Verbrecherkönig
Macheath, genannt Mackie Messer, hat ihr Herz erobert. In einem
Pferdestall findet heimlich die Hochzeit statt. Nur: Pollys Vater ist
kein Geringerer als der Geschäftsmann Jonathan Peachum, der aus Elend
Kapital schlägt, indem er gesunde Menschen zu Bettlerkrüppeln
ausstaffiert auf die Strasse schickt. Er will Mackie Messer für seine
Taten an den Galgen bringen und seine Tochter dem verhängnisvollen
Verhältnis entreissen. Aber er hat die Rechnung ohne Tigerbrown gemacht:
Der korrupte Polizeichef ist Mackies Freund und verhilft diesem zur
Flucht. Weil mit Geld aber auch alles zu kriegen ist und Frau Peachum
weiss, wo sich Mackie am liebsten aufhält, muss Polly versuchen, das
Blatt noch einmal zu wenden." [Schauspielhaus]
Ein leider völlig verunglückte Inszenierung: Orchester und Singstimmen
ungenügend, Kostümierung nur peinlich und das Bühnenbild wie ein zu
grosses Karussell auf die Bühne gequetscht. Schade! |
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ZKO-Haus
05.11.2017 |
Tobias von Arb und
der Züricher Singkreis
Requiem von W.A. Mozart und G.F. Haas
"So sehr Wolfgang Amadeus Mozarts Requiem in unserem
Bewusstsein als einzigartiges Werk verankert ist, so
sehr müssen wir doch auch mit der unumstösslichen
Tatsache leben, dass Mozarts eigene Arbeit an dieser
Totenmesse Fragment geblieben ist.
Die Ergänzungen und selbständigen Komponierarbeiten, die
Mozarts Schüler Franz Xaver Süssmayr an dem
hinterlassenen Torso vorgenommen hat, sind zudem von
fragwürdiger Qualität. Deshalb sind bis in die jüngere
Vergangenheit einige Versuche unternommen worden, das
Requiem besser als Süssmayr fertig zu komponieren.
Einen ganz anderen Weg ging Georg Friedrich Haas (geb.
1953) im
Auftrag der Internationalen Stiftung Mozarteum: Er
komponierte 2005 seine Sieben Klangräume für dieselbe
Instrumentalbesetzung, die auch das Requiem fordert; in
die bewegten Klangflächen hinein deklamiert der Chor
Auszüge aus einem Brief der Stadt Wien, der Mozart kurz
vor seinem Tod in gezwirbeltem Amtsdeutsch als Anwärter
auf das Domkapellmeisteramt an St. Stephan bestätigt.
Haas legte fest, dass seine Klangräume im Wechsel mit
den von Mozart fragmentarisch hinterlassenen Sätzen des
Requiems gespielt werden sollen; alle von Süssmayr
komponierten Stimmen und Sätze haben dafür zu entfallen
(auch da, wo ziemlich offensichtlich ist, was zu
ergänzen wäre). Eine radikale, aber höchst aufregende
Lösung, die das Requiem in ein völlig neues Licht
stellt." [singkreiszh.ch]
Ein einzigartiges Konzert, das unter die Haut geht!
Hervorragend!
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08.11.17
Pfauen |
Bastian Kraft
Buddenbrooks, nach Thomas Mann
„Kraft schafft das schier Unmögliche. Es gelingt ihm, den über 600
Seiten starken Roman in einen schlüssigen Spannungsbogen zu fassen, der
Manns Stilmittel, dessen Erzähltechnik und – trotz unumgänglicher
Straffung – die Romanhandlung präzis wiedergibt und doch eine durchaus
eigenständige Lesart verrät. Kraft erfindet dazu einen Erzähler, eben
jenen „anderen“ Hanno. Einen jungen Mann in einem Alter, das der
empfindsame „echte“ Hanno nie erreichte. Claudius Körber verleiht ihm
sachliche, unsentimentale und doch berührende Züge; es ist wohl kaum zu
weit hergeholt, in ihm die Haltung der wohlwollenden Ironie und Distanz
des Autors zu seinen Romanfiguren zu erkennen.“ [Schaffhauser
Nachrichten]
Klare Erzählstruktur, hervorragende Schauspieler/innen,
Bühnenbild, Kameras immer ganz im Dienste des Erzählens. Hervorragend,
welch ein Gegensatz zu der Dreigroschenoper! |
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15.11.17
Pfauen |
Yael Ronen & Exil Ensemble
Winterreise
„Die Hausregisseurin am Gorki, die Israelin Yael Ronen legt eine Inszenierung
vor, die die ureigenen Qualitäten des Theaters bedient. Es ist der
Illusionsgehalt erstens, der Wirklichkeitsbezug zweitens und drittens die
Kollision von eins und zwei, also die Politik. In „Winterreise“ erzählen die
Neu-Berliner davon, wie sie es satthaben, in Deutschland immer ihre eigenen
Geschichte(n) erzählen zu müssen. Also drehen sie den Spiess um und wollen alles
über ihren Kollegen, den deutschen Gorki-Schauspieler Niels Bormann, hören. Und
über seine Heimat.“ [NZZ]
Eine wunderbare Inszenierung mit witziger Sichtweise! Anschliessend an den Film
gehe ich durch die Multikulti-Stadt, wo die verschiedensten Nationen friedlich
zusammen leben und arbeiten. Ich frage mich, ob sich die SVP-Wortführer bewusst
sind, welchen Schaden sie mit dem permanenten in-einen-Topf-Werfen anrichten
können, das auf nichts anderes als auf die nächsten Wahl-Prozente schielt, aber
auf die Dauer brandgefährlich ist. |
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Schiffbau
28.11.2017 |
Enrico Beeler
Just like our parents
La’lia hat Shaya einfach angesprochen. Man würde sehen, dass er ein
Geflüchteter sei, so wie er aussehe. Sie mag ihn und gibt ihm ein wenig
Geld. Er solle damit etwas aus sich machen. Doch in seinem jugendlichen
Leichtsinn kauft er sich etwas völlig Unnötiges und traut sich fortan
nicht mehr, La’lia zu treffen. Dabei wäre das dringend nötig, wie sich
bald herausstellt.
«Meet Me», das preisgekrönte Stück der norwegischen Autorin Liv HelØe,
das Enrico Beeler fürs Junge Schauspielhaus inszeniert hat, erzählt die
Geschichte der beiden jungen Männer Shaya und Feda. Zwischen
zermürbender Trostlosigkeit in der Flüchtlingsunterkunft, Warten auf den
Brief von der Behörde, grossen Gefühlen und jugendlichem Tatendrang
versuchen sie ihr Leben zu gestalten.
Das Stück wirft nämlich die eine grosse Frage auf: Was kann und muss
sich ändern, damit junge Menschen – auch geflüchtete – ihr Potenzial und
ihre Energie in unserer Gesellschaft entfalten können?"
[tagesanzeiger.ch]
Gutes Stück, gute Schauspieler/in, gute Inszenierung, die an frühere
Regisseur-Arbeiten von Enrico Beeler anknüpfen. Ein bisschen déja-vu für
mich. Der im Stück integrierte Musiker hat gepasst, auch mit seiner
Musik! |
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Schiffbau
12.12.2017 |
Karin Henkel
Beute Frauen Krieg
"Der Krieg hat noch nicht begonnen, als der griechische Heerführer
Agamemnon seine Tochter Iphigenie als Preis für göttlichen Seewind
opfert. Nach Kriegsende wird Polyxena, die einzige noch lebende Jungfrau
aus dem trojanischen Königshaus, als jugendfrisches Geschenk für blutige
Heldentaten geschlachtet.
Der sagenhafte trojanische Krieg, eingerahmt durch zwei Mädchenopfer,
forderte in zehn Jahren erbitterter Kämpfe unzählige Tote. Am Ende wird
ganz Troja durch eine feige List der griechischen Feinde in einer
einzigen Nacht brutal vernichtet. Übrig bleiben die Beutefrauen, gequält
durch den Verlust der Heimat, der Männer und der Kinder, vielfach
erniedrigt durch Schändung am eigenen Leib. Schutzlos sind sie der
Gewalt und Willkür der Sieger ausgeliefert. Ihre Peinigungen sind
Kollateralschäden des Krieges, ihre Zukunft ist die Sklaverei. Vor rund
2500 Jahren mahnte Euripides pointiert-verspielt an, was bis heute
einfache und entsetzliche Wahrheit ist: Der Krieg ist gegenwärtig und
schafft unschuldige Opfer und erbarmungsloses Leid.
In ihrer dritten Arbeit in der Schiffbau-Halle überträgt Regisseurin
Karin Henkel („Elektra“, „Die zehn Gebote“) den antiken Diskurs im
mehrteiligen Bühnenbild von Muriel Gerstner in einen zeitlos kreisenden
Zyklus um Beute, Frauen und Krieg."
[schauspielhaus.ch]
Sehr gute Inszenierung, perfekt die Dreiteilung der Halle - versehen mit
Kopfhörern gibt's immer die passende Szene zu hören. Der zweite Teil
ohne Kopfhörer war für mich wieder schwierig. Die Technik hat
versprochen, in Zukunft für den zweiten Teil die Hörhilfen
einzuschalten. Gut! |


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Pfauen, Kammer
13.12.2017 |
Barbara Falter
Den Schlächtern ist kalt, oder ohlalahelvetia
von Katja Brunner (Uraufführung)
"Wer sind wir eigentlich, wo befinden wir uns? Zunächst in einem
eleganten Wohnzimmer, aufgehoben in bester Gutbürgerlichkeit, dann auf
einem Dorfplatz mit einer alten Frau, die ein Huhn rupft, oder auf einer
Kirmes der Spassmaschinen und beheizten Herzen. Ein Mann und drei Frauen
unterschiedlicher Generationen befragen die Lage der Nation, die Welt,
in der sie leben, und sich selbst, ihren Ort darin. Wir können uns nicht
entkommen. Alles, was wir in uns tragen, ist Geschichte. Unsere eigene,
die der anderen und die einer ganzen Generation, geprägt von früheren
Generationen. Wir sind Gewordene. Das kollektive Gedächtnis wird da
sichtbar, wo die Schuld und das Gewissen zu Hause sind. Wir müssen uns
erinnern, denn die Wahrheit ist trügerisch, „eine biegsame Rute“. Und
die Zeit verändert die Dinge."
[schauspielhaus.ch]
Leider nein, Zugang versperrt, mein Nachbar schläft. |
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Pfauen
12.01.18 |
Christoph Marthaler
Mir nämeds of öis
„Das ist der unangenehmste Start, an dem ich je teilgenommen habe. Mir
ist extrem übel“, meckert Jean-Pierre Cornus Laienpriester, den man
nicht im Nacken stehen haben möchte. Auch den anderen ist furchtbar
schlecht. Und das ist erst mal furchtbar witzig und selbstironisch. Noch
treiben sie im Raumschiff ins Unbekannte und spekulieren auf grosse
Gewinne. Schweine im Weltall eben. Ueli Jäggis grossartig sich selbst in
die Tasche lügender Nestlé-tauglicher Geschäftsmann etwa beichtet beim
Laienpriester, wie er südamerikanisches Grundwasser in Tresorgold
verwandelte – zum Schaden der dortigen Bevölkerung. Nikola Weisse gibt
souverän gebrochen eine unschuldige Paradise-Papers-Gewinnlerin. Raphael
Clamers sportlicher Start-up-Optimist freut sich über den Knall des
Aufpralls, wenn man von einer hohen Hoffnung tief fällt. Und Nicolas
Rosats hoch komischer Edelkrimineller kommt mit dem moralischen
Niedergang ganz gut zurecht. Wenn da Elisa Plüss deklamiert: „Nehmen
ist dasselbe wie geben nur ohne geben“, spricht sie allen Anwesenden
aus dem schmutzigen kleinen Herzen. Allmählich aber begreifen die
Passagiere, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie die
Verantwortung für ihre „selbst verschuldete Zwangslage endgültig
übernehmen“ müssen. Koordiniert von Susanne-Marie Wrages Stewardess, die
wunderbar eisköniginnenkalt ihre private Agenda verfolgt, fliegen sie in
den Untergang.“ [Tages-Anzeiger]
"Nicolas Rosat als Fussball-Funktionär, der bei seiner schleimigen
Rechtfertigungsrede immer wieder in Wutgebell verfällt, erhält
ebenso Szenenapplaus wie Raphael Clamer, der als Gründer eines Start-ups
zur karrierevernichtenden Erzeugung von Shitstorms eine Art
epileptischen Anglizismen-Anfall quer durchs Alphabet zu
überstehen hat. Als Ueli Jäggi mit dem vollendet pomadigen
Schnulzencharme des Tingeltangel-Virtuosen „Wer nie verliert, hat den
Sieg nicht verdient“ von Udo Jürgens zelebriert, ist das Zürcher
Premierenpublikum fast nicht mehr zu halten.“
[Frankfurter Allgemeine Zeitung]
Einfach nur gut! Und die Musiker...! |

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Pauluskirche
Zürich
14.01.18
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Dominik Kiefer und das
capriccio-barock-orchester
messiah (Mitsingkonzert)
"Eine besondere Aufführung mit
über 130 Sängerinnen und
Sängern!
Das Capriccio Barockorchester
und das Vokalensemble Ars Canora
freuen sich ausserordentlich,
Händels Meisterwerk mit über 130
Sängerinnen und Sängern
erklingen zu lassen. Ein «Messiah»
zum Mitsingen, Miterleben und
Mitgeniessen!"
Gute Idee, sehr gute Umsetzung.
Orchester, Chor, Altus und
Sopran sind super!
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Schiffbau
07.02.2018 |
Frank Castorf
Die fremde Frau un der Mann unter dem Bett
nach Dostojewski
"Sankt Petersburg, eine abendliche Strassenszene: ein herrschaftlicher
älterer Mann im Waschbärenpelz redet verworren auf einen jungen Mann aus
einfachen Verhältnissen ein, der vor einem Mietshaus auf das Erscheinen
seiner heimlichen Geliebten wartet. Der ältere Herr bezeichnet sich
selbst als Junggesellen und als einen „Unzurechnungsfähigen, einen fast
Wahnsinnigen“. Tatsächlich ist er besessen und nicht minder gedemütigt
von seinem Verdacht, alsbald seine Ehefrau mit ihrem Liebhaber in
flagranti zu ertappen, und gerät auf seiner Verfolgungsjagd in zunehmend
absurde Situationen. Frank Castorf, der im Sommer seine 25-jährige
Intendanz an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin beendet
hat, verknüpft diese Vaudeville-artige Erzählung über den Dämon der
Eifersucht mit einer anderen Erzählung Dostojewskis: „Der Traum eines
lächerlichen Menschen“ handelt von metaphysischen Themen wie dem
„logischen Selbstmord“, der Rebellion gegen Gott, dem Sündenfall,
Nächstenliebe und Demut bis hin zur ersehnten Kreuzigung des
Ich-Erzählers." [schauspielhaus.ch]
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Eine - trotz knapp 4h Dauer - gelungene, sehr schöne Inszenierung mit
gross aufspielenden Schauspieler/innen. |
Pfauen
15.02.18 |
Alvis Hermanis
Hundeherz
"Der auf Verjüngungsoperationen spezialisierte Filipp Filippowitsch wagt
ein neues Experiment: Die Operation von einem Hund in einen Menschen.
Ein Strassenköter soll dem erfolgreichen Moskauer Arzt und
Wissenschaftler als Versuchsobjekt dienen, ebenso wie die Organe eines
gerade verstorbenen männlichen Säufers. Gemeinsam mit seinem Assistenten
Bormenthal gelingt die Menschwerdung des Hundes – und aus Lumpi wird
Lumpikow. Die Fachwelt ist begeistert und feiert sich selbst. Doch der
Prototyp einer neuen Zukunft zeitigt ungeahnte Folgen und gerät
schliesslich ausser Kontrolle …"[schauspielhaus.ch]
Ganz schlechte Kritiken, die schlappe Inszenierung werde dem Text nicht
gerecht. Schwierig zu beurteilen, da ich das Buch nicht gelesen habe.
Gut gespielt, verspielte Zimmerwände, die aber zu oft verschoben werden
müssen. |

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Schiffbau
02.03.18 |
Barbara Frey
Zur schönen Aussicht von Ödön von Horvath
"Ein morbides Hotel mit dem Namen „Zur schönen Aussicht“ am Rande eines
mitteleuropäischen Dorfs: „Eine mächtige alte Karte Europas hängt an der Wand.
In der Ecke eine vergilbte Palme. Alles verstaubt und verwahrlost. Im Zimmer
über der Halle spielt ein Grammofon Südseeweisen.“ Das Personal dieses
gespenstischen Orts: Der kleinkriminelle Kellner Max, welcher die kaum
vorhandenen Gäste vorzugsweise barfuss bedient, sowie der windige Chauffeur
Karl, der schon mindestens einen Menschen totgeschlagen hat. Der Direktor des
Hotels, Strasser, ein abgesetzter Offizier und abgehalfterter Leinwandstar, ist
längst nicht mehr liquide. Dementsprechend abhängig ist er von dem einzigen
zahlenden Dauergast, der Baronin Ada Freifrau von Stetten, „ein aufgebügeltes,
verdorrtes weibliches Wesen mit Torschlusspanik“, das seine Macht als
zahlungskräftige Frau geradezu diktatorisch für ihre sexuellen und emotionalen
Bedürfnisse zu nutzen weiss. Bis eine junge, hellsichtige Gestalt namens
Christine auftaucht und das finstere Idyll stört." [schauspielhaus.ch]
"...Ach ja, ein Europa-Motiv gibt es auch noch und ein riesiges
Schlachtengemälde im ersten Stock. Soll dazu der Kommentar passen, der aus dem –
deplatzierten – Flachbildschirm dräut, in dem sich eine Dame gegen das Schächten
ausspricht, weil es gegen das Tierschutzgesetz verstoße? Man wüsste es gerne –
weil genug Zeit bleibt, um verzweifelt nach Interpretationen zu suchen. Aber man
findet nur über zwei Stunden gedehnte Langeweile." [nachtkritik.de]
Auch mir hat sich die Inszenierung nicht richtig erschlossen. Endzeitstimmung am
Ende der Intendanz von Barbara Frey? Bin ich als Schauspieler/in nächste
Spielzeit noch dabei? |


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Schiffbau
10.04.18 |
Milo Rau
Die 120 Tage von Sodom
"Milo Rau lässt in Zürich, erstens, also Pasolini spielen, dessen
infernalische Saga über eine Handvoll von Faschisten, die zum Ende des
Krieges in Salò junge Frauen und Männer als Sklaven halten, die sie
vergewaltigen, die sie Scheiße fressen lassen, die sie foltern und
töten. Er räsoniert, zweitens, aber auch über die Darstellbarkeit von
Gewalt. Und er übersetzt, drittens, den im Film gezeigten,
mikrokosmologischen Genozid (den sich Pasolini bei deutschen
KZ-Betreibern in Polen abguckte) in unsere Zeit. Die These, die Rau im
Vorfeld der Uraufführung in den Medien referierte, leuchtet durchaus
ein: Die pränatale Diagnostik führt dazu, dass neun von zehn ungeborenen
Kindern mit Trisomie 21 abgetrieben und oft erst kurz vor der Geburt
totgespritzt werden. Darum spielt das Theater Hora nun "die letzten
Menschen", die späten Überlebenden eines Massenmords an ungeborenem
Leben, der sich still und heimlich in den Abtreibungskliniken abspielt,
während die abendländische Hochkultur weiterbrummt: Kunst und
Klaviermusik waren es bei Pasolini. Rau bietet Couperin, Carl Orff, das
Glenn Miller Orchestra, Michael Jackson und das Abendmahl auf – sowie,
wie schon erwähnt, einen kleinen Guckkasten, auf der die Profis zeigen,
wie man mit Aplomb vergewaltigt." [nachtkritik.de]
Gelungen! Der Bogen vom Pasolini-Film zur pränatalen Diagnostik ist
schlüssig. So macht es auch Sinn, dieses Stück mit HORA zu inszenieren. |
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Schiffbau
18.04.18 |
Theo Fransz
Liebe Grüsse.... oder Wohin das Leben fällt
"Die Welt von Moritz steht plötzlich Kopf. Seine Grossmutter Mathilde bereist
fremde Städte. Seinem Vater Fabian begegnet er auf Schritt und Tritt. Und er
entdeckt, dass Alois in Mathilde verliebt war, aber auch der Vater seines Vaters
ist. Überall scheinen Geheimnisse verborgen zu sein. Moritz entwickelt
detektivisches Fingerspitzengefühl, um ihnen auf die Spur zu kommen. Was aber,
wenn man merkt, dass jemand nur die halbe Wahrheit erzählt? Und was kann man
tun, wenn man manches gar nicht wissen will?" [schauspielhaus.ch]
Sehr schöne, spannende Inszenierung einer guten Geschichte mit drei sehr guten
Schauspieler/in.
Ob da Kinder allerdings mitkommen, wohl eher nicht. |

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Schiffbau
10.05.18 |
René Pollesch
Hello, Mister MacGuffin!
„Jirka Zett, Hilke Altefrohne, Inga Busch, Marie Rosa Tietjen und Sophie
Rois sind ein aus der Zeit und der Unterhaltungsbranche gefallenes
Quintett. Hitchcock gibt den Anführer, schliesslich war er der Erfinder
von „MacGuffin“. Einer Fantasiefigur, eine „Finte“, die er um seine
Plots herum erfand. Geheimnisvoll die Handlung antreibend, doch
letztlich unwichtig. Im Schiffbau, bis zum letzten Platz besetzt, soll
es darum gehen, eine nicht vorhandene Textvorlage umzusetzen zum Thema:
„Mausefalle, Schauspieler retten die Welt“. So absurd der Titel klingt,
so ironisch-komisch sind die Versuche, diese Vorgabe mit Inhalt zu
füllen.“ [St. Galler Tagblatt]
Witzig, gut gespielt und inzeniert! |
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Pfauen, Kammer
16.05.18 |
Sonja Streifinger
Das grosse Herz des Wolodja Friedmann
"Schauplatz des neuen Stücks von Gerhard Meister ist der Exilort Zürich
in den 1930er und 1940er Jahren. Im Zentrum steht das Ehepaar Friedmann,
die Besitzer der historisch verbürgten Zürcher Pension Comi. Sie geben
unterschiedlichen Charakteren, vom jüdischen Musiker bis hin zur
gescheiterten Revolutionärin, alle Verfolgte des Nationalsozialismus,
Unterschlupf. Als der Strom der Geflüchteten nicht abreisst, stehen sie
vor einer entscheidenden Herausforderung: Wen können sie noch aufnehmen,
ohne selbst am Ende in Schwierigkeiten zu geraten?"[Schauspielhaus]
"Die Figuren würden durchaus berühren, aber der Abend handle sein Thema
rein historisch ab. In seinen Szenen komme kaum Interaktion oder
Entwicklung in Gang", schreibt Tobias Gerosa von der
NZZ (30.3.2018).
"Zurückhaltende (oder unentschlossene?) Regie, undramatischer Text: Das
lenkt Aufmerksamkeit aufs Thema, ist – dem Stücktitel gerecht –
menschlich verständlich, aber fürs Theater kein vielversprechender Weg."
[nachtkritik.de]
Lässt mich seltsam unberührt, wühlt mich nicht auf. Das ständige
Vorhänge Wechseln am Gestänge irritiert. |

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Pfauen,
18.05.18 |
Stefan Pucher
Am Königsweg von Elfriede Jelinek
"Sechs tolle Sprecherinnen hat Pucher versammelt: Sandra Gerling,
Henrike Johanna Jörissen, Isabelle Menke, Elisa Plüss, Miriam Maertens
und Julia Kreusch. Sie starten in Gutbürgermädchenkleidern, mit
porzellanweißen Gesichtern und Jelinek-Zopffrisuren (nicht zuletzt, weil
die Autorin sich und ihr Schreiben in dieser Anti-Trumpiade ausgiebig
selbst bespiegelt). Sie finden sich zum Chor (traumwandlerisch präzise
einstudiert von Christine Gross) und treten für kleine Soli auseinander.
Kostümbildnerin Annabelle Witt steckt die sechs in wechselnde
Prachtroben oder auch Ku-Klux-Klan-Kapuzen, lässt sie mit
Grand-Guignol-Puppen hantieren und mit – von Jelinek gewünschten –
Muppet-Köpfen. Mitunter sind die Mundwinkel wie bei Batmans Joker
grauselig verlängert. Biss will trotzdem nicht aufkommen.Eher schon eine
behagliche Heiterkeit, wenn die Frauen mit angeklebten Bärten die
Erzählungen von Abraham und Isaak im Video meistern. Momenthaft
verdichten sich Szenen, wenn Julia Kreusch aus einer Galerie voll
Melania-Trump-Bilder mit Bacon-haft deformierten Mündern und Augen zur
Selbstbeschreibung der Dichterin Jelinek überleitet: "Obwohl mein
Lebensfaden immer kürzer wird, bin schon froh, wenn ihn keiner
abschneidet, jedenfalls nicht, bevor er vernäht ist, es soll ja keiner
auftrennen, was ich an Worten aneinandergefügt habe." Aber das
existenzielle Timbre, das diesem Text der alternden Poetin bei aller
Kalauerseligkeit innewohnt, verfliegt schnell."
[nachtkritik.de]
Interessante und stimmige
Inszenierung mit sehr guten Musikerinnen und Schauspielerinnen. Vom Text
bleibt nicht viel haften, da müsste man sich wohl nochmals vertieft
einlesen.
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Pfauen,
22.05.18 |
Sebastian Nübling
Sweatshop - Deadly Fashion von Güzin Kar
"Die millionenfach gestreamte norwegische Webserie „Sweatshop – Deadly
Fashion“ begleitet drei junge Modebloggerinnen und -blogger in die
Textilfabriken von Phnom Penh und stellt die gutaussehenden und
trendbewussten Twens vor die Frage, welche Verantwortung sie als junge
Privilegierte einer Industrienation zu tragen haben, angesichts des
ignorierten Leids Gleichaltriger in den Schwellenländern. Basierend auf
Motiven der Serie entwickelt Sebastian Nübling gemeinsam mit
jugendlichen Darstellerinnen und Darstellern des jungen theater basel
und dem Ensemble des Schauspielhauses Zürich ein Theaterstück über die
Welt vor und hinter dem schillernden Catwalk und fragt nach den
Zusammenhängen von Sexyness, Gier und Produktionsketten eines Systems,
das uns innert weniger Jahre zu Abhängigen gemacht hat. Eine surreale
Wanderung ins Herz der Finsternis der globalisierten Modeindustrie."
[schauspielhaus]
Die im Faltprospekt gemachten Zahlenangaben, die auch im Stück eingebaut
sind, geben zu denken: "Pro Kopf konsumiert jede/r Schweizer/in 15kg
Mode pro Jahr"-" von 29Fr. T-Shirt-Preis erhält die Näherin 18Rp."-"Eine
Jeans legt in ihrem 'Leben' 56'300km zurück"-" Kleider werden
durchschnittlich 7 bis 10 Mal getragen"-"50% der Rücksendungen bei
Zalando werden direkt entsorgt"..... Wahnsinn. |


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Opernhaus
03.06.18 |
Marius Petipa/Lew Iwanow
Schwanensee - Musik: P. Tschaikowski
Wie kein anderes Ballett aus dem klassischen Repertoire geniesst
Schwanensee seit über hundert Jahren unangefochtene Popularität.
Dabei war die Moskauer Uraufführung von 1877 in einer Choreografie von
Wenzel Reisinger eine Enttäuschung. Erst 1895, zwei Jahre nach
Tschaikowskis Tod, begann die Erfolgsgeschichte von Schwanensee,
als das St. Petersburger Mariinsky-Theater zu Ehren des Komponisten eine
Neufassung des bis dahin fast vergessenen Werks präsentierte. Dieser
Schwanensee von Marius Petipa und Lew Iwanow begründete eine bis
heute andauernde Aufführungstradition und wurde zum Ausgangspunkt
unzähliger Neuschöpfungen, die sich zwar auf die beiden Choreografen
berufen, jedoch von der ursprünglichen Fassung immer weiter entfernt
haben.
Alexei Ratmansky, einer der wichtigsten Choreografen unserer Zeit, hat
diese dreiaktige Fassung von Petipa/Iwanow 2016 für das Ballett Zürich
rekonstruiert. Der einstige Ballettdirektor des Moskauer
Bolschoi-Theaters ist heute «Artist in Residence» beim American Ballet
Theatre und arbeitet mit den renommiertesten Compagnien der Welt."
[Opernhaus]
Keine überraschende Tanzschritte, aber wunderschöne Bilder! |


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Pfauen,
13.06.18 |
Jan Bosse
Mass für Mass von W. Shakespeare
"In Wien sind die guten Sitten bedroht, Prostitution breitet sich aus:
Unter der Regierung von Herzog Vincentio macht jeder, was er will. Um
nicht selbst hart durchgreifen zu müssen und sich dadurch unbeliebt zu
machen, setzt er Angelo als seinen Stellvertreter ein und gibt vor, die
Stadt zu verlassen. Der Hardliner legt die Gesetze rigide aus und
verurteilt Claudio dafür zum Tode, dass seine Verlobte ein uneheliches
Kind von ihm erwartet. Als dessen strenggläubige Schwester Isabella für
ihn um Gnade bei Angelo fleht, macht dieser ihr ein unmoralisches
Angebot: eine Liebesnacht mit ihm für das Leben von Claudio. Was soll
sie tun? Als Mönch getarnt greift der Herzog in den Konflikt ein.
Shakespeares Verwirrspiel um Recht, Gesetz, Willkür, Macht, Liebe und
Sex kreist um die Frage: Was braucht ein Staat für das notwendige Mass
gesellschaftlicher Ordnung gegenüber dem Recht auf freiheitliche
Bestimmung über das eigene Leben für jeden – Frau und Mann?"
[Schauspielhaus]
Eine in jeder Hinsicht hinreissende Inszenierung mit einem
Top-Schauspielensemble. Super! |

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ZKO-Haus
23.06.2018 |
Tobias von Arb und
der Züricher Singkreis und
The Ambrassadors (Bläserensemble)
Josquin Desprez:
Missa „Da pacem“
Heinrich Schütz: "Verleih uns Frieden
gnädiglich"
Daniel Eisler: "Gegen den Krieg"
Mauricio Kagel:
"10 Märsche um den Sieg zu verfehlen"
Thomas Jennefelt: "Gesänge
am ersten Abend des Krieges"
Rudolf Mauersberger: "Wie
liegt die Stadt so wüst"
Sehr mutiges, unter die Haut gehendes Konzert mit
einer a capella Meisterleistung des Chors und den
virtuosen The Ambrassadors für die 10 Märsche gegen
den Krieg.
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Schiffbau
29.06.18 |
Nikolaus Habjan
Ausschliesslich Inländer nach Texten und Liedern von Georg Kreisler
"Ein Georg-Kreisler-Abend mit Nikolaus Habjan, seinen selbst
erschaffenen Puppen, unserem Ensemble und dem Ensemble Franui: Ein
anspruchsvoller, konzentrierter Musiktheaterabend aus zum Teil
unveröffentlichten Texten und Liedern Georg Kreislers, die dezidiert auf
die Schweiz Bezug nehmen. Georg Kreisler hat von 1992 bis 2007 in Basel
gelebt und sich in dieser Zeit entsprechend humorvoll und kritisch mit
der Schweiz beschäftigt. Die Schönheit sowie der Wahnsinn der
spezifischen Schweizer Kunst der Abgrenzung werden in diesem Projekt auf
musikalische Weise zum unterhaltsamen Thema.
Der österreichische Puppenspieler und Regisseur Nikolaus Habjan baut
seine grossen Klappmaulpuppen selbst und steht auch als Darsteller auf
der Bühne. Im Gegensatz zum Marionettentheater, das hinter einer
Barriere stattfindet, werden die Puppen von sichtbaren Schauspielern
gespielt. Man sieht also auf der Bühne neben der Puppe immer auch die
Darsteller, die auf unterschiedliche Weise interagieren. Manchmal ist
der Spieler nur Bauchredner, der seiner Puppe die Stimme leiht und sie
in Bewegung versetzt, dann wiederum wird er zum Dialogpartner oder auch
zum Spielpartner. Den Puppen nicht nur Leben einzuhauchen, sondern sie
zu eigenständigen Figuren und Charakteren werden zu lassen, die einen
verführen, verstören und berühren, wie es Habjan schafft, ist eine hohe
Kunst. Am Schauspielhaus Zürich inszeniert er nach einem Gastspiel in
der vergangenen Spielzeit zum ersten Mal selbst.
[schauspielhaus]
Ein absoluter Höhepunkt dieser Spielzeit!
Die Puppen sind so ausdrucksstark, die Spielenden eins mit ihnen. Sehr schöne Text und
Musik, gespielt von einem
wunderbaren Orchester.
Nächstes Jahr sicher wieder!
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