Saison 2015_2016
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06.09.2015
Tunnelgarage
Ennetbaden |
Röbi Egloff
Friedrich Glauser: Matto regiert
"...Eine packende Verknappung des in
der Originalversion gut 200 Seiten
starken Kriminalromans auf 90
Minuten spannendes Theater. Dabei
wird die hochdeutsche Fassung der
Vorlage nicht zuletzt durch typisch
Glauser’sche Ausdrücke wie «Löli»,
«Schmier», «Gopferdori» oder «Stieregrind»
gerecht. In der Bühnenversion ist
indes, anders als im Roman, der
Anstaltsdirektor nicht nur als
Leiche, sondern zunächst durchaus
noch lebendig zugegen. Das gibt
Franco Fiordiponti - einem
«Urgestein» der Truppe – die
Gelegenheit, sein aussergewöhnliches
darstellerisches Können einmal mehr
schlagend unter Beweis zu stellen.
Der in Zürich lebende gebürtige
Römer tut dies hier gar in zwei
Rollen absolut mitreissend.
Sämtliche 16 Darstellerinnen und
Darsteller – egal ob sie zentrale
oder nur stumme Charaktere spielen -
agieren mit fesselnder Präsenz.
Besonders tun dies die
Klinikpatienten, die mit verbalen
und gestischen Stereotypien unter
ihrem «Verrücktsein» auf berührende
Weise menschliche Tragödien
durchschimmern lassen. Unverhofft
schleicht sich die Erkenntnis ein,
dass im Wahnsinn auch ein Körnchen
Wahrheit steckt.
Stellvertretend für die grossartigen
Leistungen aller Mitwirkenden seien
speziell erwähnt Yann Schmid als
verzweifelter Patient Herbert,
Christina Kraushaar als gütige
Pflegerin Irma, Andres Schifferle
als verzagter Pfleger Otto, Barbara
Gebhart als couragierte Ärztin,
Adrian Müller als Portier mit
zwei Gesichtern sowie Ernst Wenger
als Charakterkopf Wachtmeister
Studer." [aargauerzeitung.ch]
In jeder Beziehung (Spielort,
Ausstattung, Regie,
Schauspieltruppe) eine äusserst
gelungene Aufführung, die die Enge
in dieser Klinik schaurig gut
preicht. Super!
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09.09.2015
moods |
Yilian
Cañizares feat. Akua Naru
Ein magisches Duo zum
Saisonstart: Die Sängerin und
Geigerin Yilian Cañizares trifft
auf Rapperin und Poetin Akua
Naru! Diese Frauen versprühen
einen würzigen Mix
verschiedener Klangkulturen:
Kuba-Sounds, klassische
Spieltechnik und die urbane
Tiefe des Jazz, Soul und Blues.
Yilian Cañizares Wurzeln liegen
in Kuba, seit 2002 lebt sie in
Lausanne.
Yilian Canizares ist der neue
Rising-Star am Jazz-Latin-Himmel.
Die Sängerin und Geigerin
verbindet tanzende Kuba-Klänge
mit klassischer Technik und der
urbanen Tiefe des Jazz. Magisch!
Wo sie auftritt, hinterlässt sie
ein beglücktes Publikum und
erntet Begeisterungsstürme. Erst
kürzlich wurde sie vom bekannten
Pariser Label Naive (Meshell
Ndegeocello, Carla Bruni, Pink
Martini) unter Vertrag genommen.
Line-up
Yilian Canizares voc, violin,
Jerry Leonide p, David Brito b,
Cyril Regamey dr
[moods.ch]
Sehr schönes Konzert - wäre
allerdings auch ohne die auf
Show-Elemente bauende Akua Naru
ausgekommen.
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29.09.2015
Opernhaus |
Andreas Homoki
Wozzeck, Oper in drei Akten (15 Szenen)
nach Georg Büchners «Woyzeck»
"Irrlichternd hetzt der Soldat Wozzeck
durch eine Welt, die er nicht zu
enträtseln vermag. Vom Doktor wird er
mit absurden medizinischen Experimenten
gequält, vom Hauptmann gedemütigt und
verhöhnt. Und seine Geliebte Marie, mit
der er ein Kind hat, betrügt ihn mit dem
Tambourmajor. Wozzeck wird zum Mörder
und ersticht Marie.
Georg Büchners Dramenfragment, das Alban
Berg als Vorlage für seine erste Oper
nahm, ist eine erbarmungslose Fallstudie
über soziales Unrecht und menschliches
Leid. Aber es ist auch eine Groteske,
die von der Überzeichnung lebt; das
Abgründige und das Lächerliche liegen
ganz nahe beieinander. In diesem
Panoptikum erscheinen die Figuren wie
Marionetten, die letztendlich alle durch
dieselbe existentielle Angst zum Zappeln
gebracht werden.
Alban Bergs Wozzeck, 1925
uraufgeführt und rund hundert Jahre nach
Georg Büchners Drama entstanden, gehört
zu den Gipfelwerken der Operngeschichte.
Bergs expressionistischer Tonfall ist
formal genial gefasst. Seine Partitur,
so schrieb der Musikwissenschaftler
Alfred Einstein, gleiche einem
Nervenbündel: «Man meint zuerst, es
seien nur wirre Drähte, aber es ist ein
lebendiger Organismus. Die Vorgänge sind
traumhaft; sie sind verzerrt wie in
einem wüsten Traum. Auch alles
Volksliedhafte ist verzerrt, selbst das
Geräusch wird Ausdruck, und der
Naturalismus wird Stil.»
[opernhaus.ch]
Wunderbares, geniales Bühnenbild passend
zur kasperlitheaterhaften Inszenierung.
Berg's Musik ist mir noch nicht so
richtig erschlossen.
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01.10.2015
Schiffbau |
Enrico Beeler
Die grüne Katze von Elise Wilk
"Bianca schwärmt für Robert. Doch der ist damit beschäftigt, dem
Lebensplan, den seine Eltern für ihn vorgesehen haben, zu entkommen. Mit
ihrer besten Freundin Roxana teilt sie alles, auch Victor, den
Schutzengel.
Biancas Schwester Flori versucht mit Beschwörungen das Schicksal zu
überlisten.
Biancas früherer Freund Boogie beamt sich mit Pillencocktails in andere
Sphären, um sich über den Verlust seiner ersten Liebe hinwegzutrösten.
Dani jagt der grünen Katze nach, durch die für ihn alles leichter wird.
Im Club „President“ fordern sie das Leben heraus. Doch ein Samstagabend
dort endete anders als alle vorherigen.
Das Stück erzählt von der Sehnsucht nach einer Bestimmung im Leben, nach
Halt und Geborgenheit." [Schauspielhaus.ch]
Sehr gute Schauspieler/innen, auch
die Inszenierung passt!
Das paarweise aneinander vorbeisprechen zeigt wunderbar
wie alle Beteiligten in ihren "Welten" gefangen sind und sich so immer
wieder verpassen / missverstehen, bis das Unheil hereinbricht. |

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02.10.2015
Theater Rigiblick |
Musikalische Leitung:
André Bellmont
Pink Floyd meets Edgar Allan Poe
"Atom Heart Mother" und "Der Untergang des Hauses Usher"
"Atom Heart Mother ist
eine 24-minütige Komposition von Pink Floyd aus dem
Jahre 1970, die eine echte Integration der
klassischen Kultur in die Musik der Popkultur
darstellt. Sie besticht durch ihre unkonventionelle
Besetzung. Im Rigiblick stehen neben einem
30-köpfigen Chor mit Solistinnen und Solisten die
Pink Floyd-Tribute-Band „Crazy Diamond", 14
Blechbläser, ein Cellist und ein Schauspieler auf
der Bühne.
Der Musik von Pink Floyd stellen wir die Erzählung
„Der Untergang des Hauses Usher“ von Edgar Allan Poe
gegenüber:
Der Freund des
Ich-Erzählers leidet an einer Geisteskrankheit.
Pink Floyd haben sich durch die drogeninduzierte
Psychose ihres Gründungsmitgliedes Syd Barrett (1946
bis 2006) in ihrem Werk immer wieder intensiv mit
dem Phänomen „Wahnsinn“ auseinandergesetzt."
[Theater Rigiblick]
Sehr gut!
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06.10.2015
Schiffbau
Teil 1 |
Karin Henkel
Die 10 Gebote nach K. Kieslowski's "Dekalog" Teil 1
"Welche Gebote und Verbote bestimmen unser Leben? Auf welche Werte und
Tabus gründet sich unsere Gesellschaft? Und in welche Widersprüche und
moralischen Konflikte verstricken sie uns? Der Autorenfilmer Krzysztof
Kieślowski hat in seinem legendären Werk „Dekalog“ zehn Filme zu den
zehn Geboten realisiert – mal in sehr direktem Bezug, mal assoziativ und
frei. Für ihre Inszenierung in der Schiffbauhalle entwickelt die
Regisseurin Karin Henkel aus Kieślowskis Vorlage einen vielgestaltigen
Themenpark um die zentralen Fragen von Schuld und Bestrafung, Glaube und
Zweifel, Liebe und Tod, Besitz und Verlust, Sicherheit und
Erschütterung. Das Publikum begegnet den Figuren und Geschichten auf
einer Wanderung durch die inneren und äusseren Räume einer
existenziellen Topografie, welche in den Räumlichkeiten der
Schiffbauhalle eine eigene Realität gewinnt."
[schauspielhaus.ch]
Grossartig angelegte Szenen im Schiffbau. Grosses Kino mit viel
Herumlaufen, so dass die 4h problemlos verkraftbar sind. Ein Höhepunkt
zum Saisonstart!
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Die 10 Gebote
Teil 2
23.10.2015
Schiffbau
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Das fünfte Gebot: Du sollst nicht töten

Das siebte Gebot: Du sollst nicht stehlen

Das vierte Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren

Das zweite Gebot: Du sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen.
Das neunte Gebot: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau (Gleiche
Szenerie ebenfalls mit Gottfried Breitfuss und Carolin Conrad) |

Das sechste Gebot: Du sollst nicht ehebrechen
Das achte Gebot: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen
Nächsten (Videoraum mit Friederike Wagner)

Das zehnte Gebot: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus,
Sklaven, Rind, Esel oder was er sonst noch hat.

Das dritte Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen

Das erste Gebot: Ich bin der Herr, Dein Gott. Du sollst keine anderen
Gätter neben mir haben |
10.10.2015
Pfauen |
Stefan Pucher
Ein Volksfeind von Henrik Ibsen.
Bearbeitung: Dietmar Darth
"Doktor Tomas Stockmann, Bewohner eines Städtchens mit der
fortschrittlichsten Kommunalverwaltung aller Zeiten, hat eine ungeheuerliche
Entdeckung gemacht. Das Grundwasser ist verseucht. Verantwortlich ist ein
Energiekonzern, mit dem dubiose Verträge abgeschlossen wurden. Nun drohen die
Folgen des Deals den Ruf der Stadt zu ruinieren. Man feiert den „Volksfreund“
Stockmann als Entdecker eines Skandals. Im Namen der Wahrheit soll er in die
Schlacht gegen den Energieriesen ziehen. Die Ehre wird ihm voreilig zuteil. Denn
nach anfänglicher Euphorie schmelzen die Glück verheissenden Losungen
„Transparenz“, „Demokratie“ und „digitale Partizipation“, die sich die Gemeinde
stolz auf ihre Fahnen geschrieben hat, und Stockmann findet sich im Filz des
kleinstädtischen Lobbyismus wieder." [schauspielhaus.ch]
Das digitale Zeitalter hat uns: Miteinander sprechen via Handy und
Videoprojektion. Verantwortung übernimmt die "Comunity". Und: Argumentiert wird
ja wie in der Politik!
Sehr gut!
"In seiner Übertragung von Henrik Ibsens Ökosatire entlarvt der Dramatiker,
Journalist und Science-Fiction-Autor Dietmar Dath unsere smarten digitalen
Welten als pseudo-demokratisches Blendwerk in den modernen, von kapitalistischen
Heilsversprechungen gesteuerten Gesellschaften."
[nochmals schauspielhaus.ch] |

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05.11.2015
Pfauen |
Barbara Frey
Meer von Jon Fosse
Ein Mann, der nicht müde wird zu sagen „Ich bin der Kapitän“,
kommandiert ein Schiff, welches womöglich eine Erinnerung ist oder die
Sehnsucht nach Identität. Ein anderer Mann, der nicht müde wird zu sagen
„Ich bin der Gitarrenspieler“, spielt Luftgitarre für alle, die die
schönste Musik hören wollen. Der Kapitän erkennt in einem älteren Paar
seine lang vermissten Eltern, jedoch erkennen sie in ihm nicht ihren
verlorenen Sohn und fürchten sich. Ein junger Mann beschwört eine junge
Frau, dass sie ihn nie verlassen dürfe, sie jedoch fühlt sich magisch zu
den Klängen einer Gitarre hingezogen, die er nicht hören kann. Die
archetypischen Figuren treiben zeitlos auf einem Weltmeer, in einem
mystischen Raum zwischen Dasein und Tod, Ort und Nicht-Ort, Sprache und
Schweigen. Das menschliche Unvermögen, sich und den anderen wahrhaftig
zu erkennen, die unerhörte Sehnsucht, dem Alleinsein zu entkommen, und
die machtvolle, tröstliche Existenz einer Sphäre des Nicht-Sichtbaren,
des Unsagbaren bringt Jon Fosse zur Sprache. [Schauspielhaus.ch]
Reaktionen in "Nachtkritik.de", die ich auch teile:
"Ihre Inszenierung hält die Spannung über die (70 Minuten kurze)
Distanz. Ihr Ensemble spielt sparsam, aber hoch konzentriert, mit und
ohne Worte."(Basler Zeitung) oder:
"Frey führe ihre Schauspieler mit dem Rhythmusgefühl einer feinsinnigen
Musikerin in einen Sitz-, Steh-, Liege- und Schwebetanz erster Güte."
(NZZ)
aber auch - und das kommt meinem Gefühl doch ziemlich nahe:
"Schwer zu entscheiden, ob das religiöse Mystik, unsagbar tiefer
nordischer Existentialismus oder unsäglicher Grübelmonsterkitsch ist."
;-) |

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15.11.2015
Schiffbau |
Werner Düggelin
Glückliche Tage von Samuel Beckett
"Winnie, die Frau, steckt bis zur Brust in einem Erdhaufen und droht
tiefer und tiefer darin zu versinken. Sie hält an alltäglichen
Tätigkeiten fest, die einst einen Sinn gehabt haben mögen, aber
angesichts der völligen Auflösung von Winnie nur mehr die Funktion
haben, sich die Zeit zu vertreiben. Ihr Mann Willie ist zum wortkargen
schläfrigen Vierbeiner verkommen, der sich nur noch kriechend
fortbewegen kann. Plötzlich wird er von einem Funken Erotik durchglüht
und versucht, den Erdhaufen, der die Frau langsam verschlingt, zu
besteigen. Im krassen Widerspruch zur äusserlich katastrophalen
Situation erscheint die Frau doch als Inbegriff eines glücklichen
Menschen, da sie sich über unscheinbarste Ereignisse freut und ihr
Schicksal mit unbeirrbarem Optimismus belächelt. Wie die Personen in
anderen Stücken von Samuel Beckett bestehen auch Winnie und Willie auf
der Illusion des Wartens auf etwas nie Eintreffendes und überspielen in
tragikomischer Hilflosigkeit ihren eigenen Verfall. Das 1961 in New York
uraufgeführte Stück ist einer der visionärsten Theatertexte des 20.
Jahrhunderts. [schauspielhaus.ch]
Nach "Endspiel (2011)" gelingt mir der Zugang zu dieser Art
Theater(-text) wiederum nicht wirklich. Visionär? Da ist jeder
Tetraplegiker, der sein Schicksal bewältigt visionärer... |
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26.11.2015
Tuchlaube |
KAZALPIN
VOCALS: Irena Kotvitskaja, Rusia, Nadzeya Tschuhunova.
SAXOPHONES, SWISS DIATONIC FOLK ACCORDION, DUDUK, OVERTUNE FLUTE: Albin
Brun.
ACCORDION: Patricia Draeger.
DOUBLE BASS: Claudio Strebel.
DRUM: Marco KäppeliZum dritten
Mal (2010, 2011) gehört, tönt vertraut, aber doch immer wieder
neu! Superband (Patricia Draeger!) und drei grossartige Sängerinnen |
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04.12.2015
Pfauen |
Stephan Kimmig
Die Jungfrau von Orléans von
Friedrich Schiller,
ergänzt um einen Text von Peter Stamm
"Ein rettender Engel, ein mordender Teufel, ein Wundermädchen,
dem sich keiner entziehen kann, dem keiner entkommt. So erscheint die
Jungfrau von Orleans auf dem Schlachtfeld. Mit ihrem Erscheinen aus dem
Nichts und ihrem Verschwinden ins Nichts verbreitet sie geradezu
mythischen Schrecken, wie wir es aus dem Alten Testament kennen. Wer ist
sie? Wer war sie? 1429 während des Hundertjährigen Kriegs zwischen
England und Frankreich taucht ein lothringisches Bauernmädchen mit
göttlichem Sendungsbewusstsein im französischen Lager auf und führt die
Franzosen an der Spitze von Sieg zu Sieg und ihren Kronprinzen Karl
VII. zur Krönung nach Reims. Schillers
„romantische Tragödie“ erklärt die historische Fahnenträgerin zur
Gotteskriegerin, die eigenhändig tötet. Erst als sie dem englischen
Heerführer Lionel begegnet, versagt ihr die Kraft zu töten, weil sie
liebt." [schauspielhaus.ch] |

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Peter Stamm bringt - wohl
verstanden vor den Ansch-lägen in Paris - Jeanne d'Arc in die Nähe von
religiös bedingtem Fanatismus, Terrorismus. Daneben lotet er auch neue
Erwerbs-quellen von Katastrophen-Versicherungen aus: Man müsste in den
Leuten vorher nur genügend Ängste schüren. Die Realität hat uns
eingeholt. |

Mit einer hervorragenden Marie Rosa
Tietjen als Johanna d'Arc |
18.12.2015
Pfauen |
Viktor Bodo
Der Besuch der alten Dame von Friedrich Dürrenmatt
"Man erwartet den Besuch der Multimilliardärin Claire
Zachanassian. Die Kleinstadt Güllen war einst wohlhabend,
ist nun aber völlig verarmt, die ganze Stadt wird gepfändet,
selbst das Heimatmuseum wurde „vor drei Jahren nach Amerika
verkauft“. In dieser ausweglosen Situation hofft der
Bürgermeister auf eine rettende Stiftung der alten Dame, die
als Klara Wäscher in Güllen aufgewachsen ist. Claire
Zachanassian erreicht das Städtchen in einem grotesken
Auftritt, umgeben von Dienern und Zofen, zwei Sänftenträgern
– „Gangster aus Manhattan“ – sowie ihrem siebten Gatten. Sie
lässt den Bürgermeister nicht lange werben, sondern kündigt
eine Schenkung von einer Milliarde an – unter der Bedingung,
dass sie sich dafür „Gerechtigkeit“ kaufen könne: Jemand
solle den Kaufmann Alfred Ill töten, mit dem sie damals eine
stürmische Liebe erlebt hat, der sie jedoch als junge Frau
mit dem gemeinsamen Kind sitzen liess.
Diese bittere Komödie, 1956 am Schauspielhaus Zürich
uraufgeführt, ist voller grotesker Fantasie und zeigt die
makabre Automatik einer moralischen Verfehlung: Umso mehr
die Bürger von Güllen Schulden machen, umso mehr
verpflichten sie sich unausgesprochen auf das Angebot von
Claire Zachanassian einzugehen. So steckt das Stück das Feld
zwischen Recht und Rache, Selbstjustiz und der
„Gerechtigkeit des Geldes“ ab. Claire Zachanassian selbst
nimmt darin einen grotesken Charakter an: Nicht nur ihr
Auftritt und ihre Entourage wirken komisch und grausig
zugleich, auch sie selbst wirkt wie ein Prothesenmensch –
fast alles an ihr ist künstlich." [Schauspielhaus.ch]
Das Stück ist zeitlos umwerfend, ebenso inszeniert und
gespielt.
Ganz grosses Kino!
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27.12.2015
Schiffbau |
Stückfassung und Regie: Enrico Beeler
Der Josa mit der Zauberfiedel
nach dem Original von Janosch
"Es war einmal ein Köhler, der hiess Jeromir. Er war gross wie ein Baum
und ganz stark. Und sein Sohn, das war der Josa. Aber der Josa ist klein
und überhaupt nicht stark. Das macht ihn traurig. Es braucht nicht jeder
in die Fussstapfen seines Vaters zu treten, sagt der Vogel. Er schenkt
ihm eine Zauberfiedel, nicht grösser als eine Feder und lehrt ihn eine
Melodie, mit der er die Welt verzaubern kann. Jeder, der sie hört, wird
grösser oder kleiner. Josa will dem Mond vorspielen, damit er gross wird
oder klein. Dann kann der Vater an den Himmel zeigen und sagen: Seht
nur, das ist der Josa, mein Sohn, der das kann. Der Weg zum Mond ist
aber nicht so leicht zu finden …" [schauspielhaus.ch]
Liebevolle Inszenierung. Regie, Musik., Schau- und Puppenspiel
überzeugend. |
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12.01.2016
Pfauen, Kammer |
Julian Klein
Hans Schleif mit Matthias Neukirch
Hans Schleif war Architekt, Archäologe, Familienvater und ranghohes
Mitglied der SS. Sein Enkel Matthias Neukirch, seit dieser Spielzeit
Mitglied im Ensemble des Schauspielhauses, begibt sich auf die Suche
nach dessen Biografie. Mit dem Versuch, Vergangenheit und Gegenwart zu
verknüpfen, macht seine sehr persönliche Arbeit, die für den
Friedrich-Luft-Preis nominiert wurde, die Geschichte unmittelbar
greifbar. [schauspielhaus.ch]
Ein eindrücklicher, dreistündiger Abend (inkl. Gespräch bei Bier und
MIneralwasser) zum Thema: Wer war mein Grossvater, wie geht/ging meine
Mutter damit um, wie ist das mit "Schuld"?
Super!
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17.01.2016
Gartenhaus Villa Boveri |
Daniel Behle, Schnyder
Trio
HAMBURG - Waterkant-Songs (Uraufführung)
"Im nächsten Jahr setzt Daniel Behle
seiner Heimatstadt Hamburg mit den „Waterkant Songs“, Arrangements und
Neukompositionen für Tenor und Klaviertrio, ein musikalisches Denkmal."
[danielbehle.com]
Und ob! Das Denkmal sitzt in jeder Beziehung, zum Tränenlachen!
Das tönt textmässig dann etwa so:
"Testeron, das ist verborgen
hier im Norden ist man passiv.
Doch wenn der Reiz sich nicht verloren,
ändert das den Zustand massiv.
Wenn solche Friesen auf den Wiesen
sich mit ganzem Herze verschaun'n
tun sie mit Eiche auf dem Deiche
ihrem Liebchen ein Nestlein bau'n.
Sind Hormone auch mal schwierig
und zu gierig ist der Mann,
dann hat der Friese eine Krise
geht zu vielen ab und an." [aus: Schlicht an
der Waterkant] |
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Ruedi Häusermann
piano forte (Uraufführung)
"Der Komponist und Regisseur
Ruedi Häusermann unternimmt gemeinsam mit vier Pianisten,
vier Schauspielern und einem Chor eine musiktheatralische
Reise durch die Geschichten und Bilder, die ein
musikalisches Werk in sich trägt. Was wie ein Konzert für
vier Klaviere beginnt, verwandelt sich mehr und mehr in eine
flüchtige, traumähnliche Welt, in der Bilder und Geschichten
auftauchen, sich überlagern und wieder verschwinden. Die
klanglichen und visuellen Welten, die entstehen, wenn die
Gedanken der Zuhörer beim Hören der Musik abzuschweifen
beginnen, werden zu einem Erlebnis der besonderen Art, das
dort sein Ende findet, wo es auch begonnen hat: in einem
Konzertsaal … Es entsteht ein vieldeutiger, poetischer und
humorvoller Kosmos, in dem die Bilder, die sich in
Häusermanns Neukompositionen für vier Klaviere verbergen,
zum Leben erweckt werden.
Das junge Zürcher Klavier-Ensemble Kukuruz Quartett wurde
2014 im Rahmen einer Musiktheater-Produktion von Ruedi
Häusermann gegründet, um insbesondere Musik für vier „wohl-präparierte
Einhandklaviere“ zu spielen. Es handelt sich also um eine
aussergewöhnliche Formation, für die es kein herkömmliches
Repertoire gibt. Die Musikerin und die Musiker entwickeln
über längere Zeit gemeinsame Präparationen und
Konstruktionen. Das Tüfteln und Basteln, das minutiöse
Planen von Details nimmt einen sehr grossen Raum ein."
[schauspielhaus.ch]
Ein wunderbarer, äusserst poetischer Abend! Super!
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02.02.2016
Schiffbau |
Jan Bosse
Hexenjagd von Arthur Miller
"Hexenjagd spielt im Jahr 1692 in Salem, einer Gemeinde im
heutigen US-Bundesstaat Massachusetts.
In dem kleinen Städtchen Salem überrascht der Pfarrer Samuel
Parris seine Tochter Betty, seine Nichte Abigail Williams
und weitere Mädchen bei einem okkulten Ritual im Wald.
Einige der Kinder scheinen sich nicht von dem Schock der
Entdeckung zu erholen. Sie werden ohnmächtig oder krank, was
sie aber nur vortäuschen, um sich selbst zu schützen. Da die
„Krankheiten“ der Kinder von Ärzten nicht zu erklären sind,
entsteht schnell das Gerücht von übernatürlichen
Ereignissen, von Teufelsbeschwörung und Hexerei.
Pastor Parris beauftragt Pastor Hale, einen
Teufels-spezialisten, der Krankheit seiner Tochter auf den
Grund zu gehen. Die Mädchen, allen voran Abigail, merken
sehr schnell, dass sie selbst der Strafe entgehen können,
wenn sie andere beschuldigen, sie zu ihrem verbotenen Tun
getrieben zu haben. Sie nennen wahllos Namen von
Gemeindemitgliedern, die angeblich mit dem Teufel im Bund
stehen, und das Verhängnis nimmt seinen Lauf.
Der Stellvertreter des Gouverneurs, Danforth, und sein
Assistent Richter Hathorne eröffnen ein Gericht in Salem.
Hauptzeugen sind die Mädchen, die bald halb Salem als Hexen
denunzieren. Der Bauer John Proctor durchschaut jedoch die
Lügen und warnt davor, den Anklagen der Mädchen Glauben zu
schenken. Abigail, die ein persönliches Interesse an Proctor
hat, da er eine Affäre mit ihr hatte, während sie als Magd
in seinem Haushalt tätig war, bezichtigt dessen Frau
Elizabeth der Hexerei. Elizabeth wird verhaftet.
Proctor versucht mit Hilfe seiner Magd Mary Warren seine
Frau zu retten und vor Gericht zu beweisen, dass Abigail und
die Mädchen lügen. Zunächst gesteht Mary, dass die Mädchen
alles nur vorgetäuscht haben. Doch unter dem Druck der
Mädchen und nach einem neuerlich inszenierten Anfall kann
sie ihr Geständnis nicht aufrechterhalten. Proctor bekennt
sich zu seiner früheren Beziehung zu Abigail und versucht,
Richter Danforth von deren Hass auf Elizabeth zu überzeugen.
Dieser lässt Elizabeth kommen und befragt sie. Doch Proctors
Frau, die seine Ehre retten will, behauptet, dass es kein
Verhältnis gegeben habe. Während sie abgeführt wird,
offenbart John ihr sein Geständnis. Mary bricht zusammen.
Sie beschuldigt nun Proctor, mit dem Teufel im Bund zu sein
und sie zu dem Geständnis gezwungen zu haben. Proctor wird
verhaftet und zum Tode verurteilt. Hale, der Zweifel an
Proctors Schuld hat, verlässt das Gericht.
Aufstände in Andover ändern die Situation. Parris befürchtet einen
Aufstand auch in Salem. Außerdem sind die Mädchen geflohen, allen voran
Abigail. Das Gericht erkennt nun seinen Irrtum. Doch der Lauf der Dinge
ist nicht mehr aufzuhalten, andernfalls wären Autorität und Respekt
verloren.
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Danforth, der sein Gesicht wahren will, hofft nun, dass der
zurückgekehrte Hale Proctor und die anderen zu einem Geständnis bringen
kann. Proctor gesteht tatsächlich, zerreißt jedoch anschließend sein
Geständnis und bezeichnet es als Lüge. Er und die anderen werden
gehängt.
Die Entwicklung der Ereignisse schlägt sich auch im Verhalten der Kirche
nieder. Während Pastor Parris, aus Angst seine Autorität aufs Spiel zu
setzen, einfach zusieht, reicht Richter Danforth der Glaube der naiven,
eigentlich unglaubwürdigen Mädchen, um bei den Angeklagten Hexerei
anzunehmen und sie zu verurteilen. Trotz des Prozessverlaufs verharrt er
in seiner starren Haltung und glaubt nicht mehr zurück zu können. Seine
Eitelkeit und die Unfähigkeit, als Autoritätsperson einen Irrtum
einzugestehen, machen es ihm unmöglich, das Aburteilen unschuldiger
Bürger zu beenden. Nur Pastor Hale gelangt zur Einsicht. Bei dem
Versuch, unschuldige Leben zu retten, muss er jedoch verzweifelt
erkennen, dass er gegen den Wahn nicht ankommt."
[wipipedia.com]
Eindringliche Inszenierung mit hervorragenden Schauspieler/innen und
passendem Bühnenbild. Dank Hörhilfe
beim zweiten Besuch überzeugt jetzt auch die Tonqualität. |
21.02.2016
Pfauen |
Sebastian Nübling
Viel gut essen von Sibylle Berg
(Schweizer Uraufführung)
"Migration, Homo-Ehe, Biogemüse, Feminismus, Gentrifizierung von
Wohnvierteln, Eurokrise – die Herausforderungen sind enorm, ebenso die
Reizthemen, die nicht nur Internetforen und Stammtische zum Erbeben
bringen. Er (dargestellt von drei Frauen...) ist Social-Media-Experte,
liebt Biomärkte und erinnert sich gern an seine Jugend, aber wenn er
etwas zum Thema Liebe sagen soll, bekommt er Herzrasen. Weiss,
heterosexuell, gutbürgerlich und gesund hat er nicht nur beruflich,
sondern auch privat alles richtig gemacht und muss nun doch erkennen,
dass er nicht auf der Gewinnerseite des Lebens steht … Sibylle Berg
lässt ihn sich in Rage reden, über den Zustand unserer Gesellschaft
philosophieren, klagen, sich empören und dabei – „Das wird man ja wohl
noch sagen dürfen!“ – zunehmend ungemütlich werden.
[schauspielhaus.ch]
„Sibylle Berg hat mit dem Schreiben des Stücks vor zwei Jahren begonnen.
Uraufgeführt wurde es im Oktober 2014 in Köln. Damals formierten sich in
Deutschland die unheimlichen Patrioten der Pegida. „Es rotteten sich
mehr und mehr Hassgruppen auf Facebook zusammen“, sagt die 53-jährige
deutsch-schweizerische Autorin im Zürcher Begleitheft. Sie habe
beobachtet, dass die Unzufriedenen auf der Strasse vornehmlich Männer
waren. „Ich wollte untersuchen, was ein Ursprung für all die
unangenehmen Äusserungen dieser Männer sein könnte.“ Das war ihre
Versuchsanordnung und der Anlass zum Stück, das an der Premiere in
Zürich auf Begeisterung gestossen ist.“
[Neue
Luzerner Zeitung]
Unheimlich am Stück ist die Aktualität.. Macht nachdenklich. |

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26.02.2016
Pfauen |
Dušan David Pařízek
Mephisto - nach dem Roman von Klaus Mann
"Klaus Manns „Roman einer Karriere“ von 1936 gehört zu den bedeutendsten
und wichtigsten Texten der Exilliteratur. Mann wirft einen
schonungslosen Blick auf den karrieristischen und opportunistischen
Künstler, den intellektuellen Mitläufer, der um des „Geldes und Ruhmes
willen sein Talent an die blutbefleckte Macht verkauft“. Im Zentrum des
Romans steht die Geschichte Hendrik Höfgens, die auf der Biografie des
„Jahrhundertschauspielers“ Gustaf Gründgens basiert. In den 20er Jahren
ein Provinzstar am Hamburger Künstlertheater, sympathisiert er zunächst
mit dem Kommunismus, geht mit der Machtergreifung der
Nationalsozialisten nach Berlin und wird unter dem
nationalsozialistischen Regime zum gefeierten Staatsschauspieler und
Intendanten des Preussischen Staatstheaters. Am Höhepunkt seiner
Karriere muss er erkennen, dass er zu einem „Affen der Macht“ und „einem
Clown zur Zerstreuung der Mörder“ geworden ist. Dabei war und ist er
doch nichts anderes als ein ganz gewöhnlicher Schauspieler …"
[www.schauspielhaus.ch]
Eigenwillige, spannende Inszenierung. Leider sind die unbequemen Sessel
nicht geeignet, eigentlich ohne Pause knapp 3 Stunden durchzusitzen.
Schade, wenn man gegen Schluss durch einen brennenden Hintern abgelenkt
wird... Hervorragende Schauspieler/innen! Für mich auch überzeugende
Regie. |
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06.03.2016
Kammer |
Bram Jansen
Einige Nachrichten an das All von Wolfram Lotz
"Ist es möglich, das ganze Dasein in nur ein Wort zu fassen? Der LdF,
Leiter des Fortgangs, hat eine Apparatur gebaut, die es den Figuren in
Wolfram Lotz’ Stück ermöglicht, ihre individuelle Nachricht an das All
zu senden – als Zusammenfassung ihres Lebens – festgehalten für die
Nachwelt. In einem Wort. Eine sprachliche Verknappung einer gesamten
Existenz. Doch welches einzelne Wort beschreibt ein ganzes Leben?
Purl und Lum, zwei körperbehinderte, beckett‘sche Figuren suchen nach
einem Sinn in ihrem Leben. Gemeinsam beschließen sie, ein Kind zu haben.
Da sie jedoch Figuren eines Theaterstückes sind und ihre Zukunft
festgeschrieben steht, werden sie zum Abwarten verdammt. So bangen sie,
ob der Autor denn überhaupt Nachwuchs für sie vorgesehen hat. Sie
erhalten jedoch keine Antwort – das Warten und die Sehnsucht nach
Erfüllung ihrer inneren Leerstelle bleiben. Vielleicht wissen die
anderen Figuren die Antwort? Purl und Lum treffen auf Menschen, die
allesamt ebenfalls mit ihrem Leben ringen. Ob der alleinerziehende Klaus
Alberts mit seiner toten Tochter Hilda, die später mit dem
auferstandenen Kleist wiederkehrt, der Forscher Rafinesque oder der
Politiker Markus Söder – sie alle sind auf der Suche nach Antworten in
diesem zweifelhaften Wirrwarr, dieser ungeheuren Explosion an
Ereignissen und Emotionen, das sich Leben nennt. Wer sind wir? Wozu sind
wir da? Und was bleibt?
Der Sprachakrobat Wolfram Lotz, Nachwuchsdramatiker des Jahres 2011 und
Preisträger des Kleist-Förderpreises, hat mit „Einige Nachrichten an das
All“ ein ungewöhnliches Stück über den Sinn und die Sinnlosigkeit des
Lebens geschaffen, welches nur so vor lyrisch-philosophischen
Sprachexplosionen birst. [http://www.staatstheater-nuernberg.de]
Ein versponnenes, aber subtil verwobenes Stück, leichtfüssig und
spannend inszeniert und das bestmögliche Ensemble in der kleinräumigen
Kammer! Allen voran Claudius Körber, der mit seiner Spielfreude
Gänsehaut erzeugt. Hammer, unbedingt nicht verpassen!
Eindreiviertelstunden Theater vom Feinsten. |
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10.03.2016
Pfauen |
Daniela Löffner
Nathan der Weise von G.E.Lessing
"Welcher ist der wahre Gott? Welche ist die wahre Religion? „Nathan der
Weise“ stellt die Frage nach Toleranz und gutem Handeln jenseits
religiöser Ideologisierung. Toleranz ist ein malträtiertes Wort in
diesen Tagen. Mahnend wird sie von den einen gefordert, warnend von den
anderen hinterfragt. Lessing appelliert in seinem Aufklärungsdrama an
den Frieden zwischen den Religionen und kritisiert die Gewalt der
Religion. Er verlegt sein Stück ins 12. Jahrhundert, in das von Muslimen
besetzte Jerusalem. Der Jude Nathan hat seine Familie verloren. Sie
wurde von Christen ermordet. Das Schicksal will es so, dass ihm ein
Findelkind, ein Christenmädchen, in die Hände fällt, das er aufnimmt und
als seine Tochter Recha im jüdischen Glauben grosszieht. Als Recha von
einem jungen Christen, einem Tempelherrn, aus ihrem brennenden Haus
gerettet wird, verlieben sich die beiden. Der Tempelherr ist von Sultan
Saladin begnadigt worden, weil er ihn an seinen verstorbenen Bruder
erinnert hat. Am Ende stellt sich heraus, dass Recha und der Tempelherr
Geschwister sind und der gemeinsame Vater tatsächlich der verstorbene
Bruder Saladins ist." [schauspeilhaus.ch]
"Zum Teil stehen und knien die Figuren posenhaft voreinander wie im
Stadttheater der 50er-Jahre."
[Deutschlandfunk]. Dieser Satz
spukte während der ganzen Aufführung in meinem Kopf herum... |
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05.04.2016
Schiffbau |
Enrico Beeler
Shut up
Damien hat die Diagnose ADHS, Becky wird von
den Schulpsychologen auf Minderbegabung abgecheckt, François wurde
innerhalb von zwei Jahren schon sechs Mal von der Schule verwiesen. Da
die drei keiner Norm entsprechen, widerspenstig und wild sind, versucht
man sie zu therapieren und mit Hilfe von Medikamenten den
gesellschaftlichen Normen und Anforderungen anzupassen. Aber hinter
jedem unangepassten Benehmen liegen bittere Erfahrungen.
Damien, Becky und François führen einen „Überlebenskampf“. Gemeinsam
versuchen sie, sich gegen Mobbingattacken der Älteren zu wehren. Sie
schliessen einen Freundschaftsbund, werden BFF,
best friends forever. Sie schwören sich Freundschaft und Treue – bis zum
ewigen Leben. [schaspielhaus.ch]
Sehr
gutes Schauspieler-Trio:
Anna Blumer, Aaron Hitz und Fabien Müller.
Das Stück überzeugt mich nicht: Pillenschluckende, überdrehte
Randständige mit verkannten Fähigkeiten. Der Wiedererkennungseffekt für
die anwesenden Schulklassen war praktisch null. Dass zum Schluss
François als Musikgenie auf der Bühne endet - er hatte während des
Spiels nicht eine Minute an irgendetwas geübt - ist schlicht Kitsch.
Schade
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07.04.2016
Schiffbau |
Barbara Frey und Fritz Hauser
Nachtstück
„Barbara Frey schafft, mit Hilfe der präzisen Bühnenbildnerin
Bettina Meyer und des fabelhaften Lichtmachers Rainer Küng, Hunderte
Bilder, die auftauchen und wieder im Dunkel verschwinden und fast immer
einen Abdruck hinterlassen, auf der Seele, in der Fantasie. Im Schiffbau
des Schauspielhauses steht ein schwarzer Kasten, unten wohnt Fritz
Hauser mit seinen vielen Gerätschaften, oben ist ein Zimmer mit einem
grausam einsamen Bett. Breitet sich in diesem Raum zum ersten Mal ein
trüber, scharf geschnittener Lichtkegel aus, sieht man eine Frau im
roten Kleid auf dem Bett liegen. Allein. Unten, in einer Ecke weit vor
dem Kasten, erhellt dann eine Strassenlaterne eine kleine Bank. Auf der
sitzt Michael Maertens, wartend, verloren, den Rücken leicht gekrümmt.“
[Süddeutsche Zeitung]
„So unerwartet, wie das Licht im Hotelzimmer eingeschaltet wurde, so
unerwartet erlischt es nach wenigen Sekunden auch wieder. Dafür leuchtet
nun kurz eine Strassenlaterne auf und zeigt einen wartenden Mann.
Daraufhin geht das Licht im Hotelzimmer wieder an: Der Liegende ist nun
in Gesellschaft einer Frau. Später steht eine ganze Gruppe von Leuten
ums Hotelbett herum. Dann, als das Licht einmal mehr angeknipst wird,
liegt der Mann wiederum allein da, mit gefalteten Händen und Blumen auf
der Brust. Und schliesslich ist das Hotelzimmer leer. Der Mann unter der
Strassenlaterne wartet derweil noch immer.
Diese Momentaufnahmen, die an Video-Stills erinnern, regen – genau wie
die Gemälde Edward Hoppers – die Phantasie der Zuschauenden stark an. So
beginnt man unweigerlich, die Hintergründe zu den einzelnen Bildern zu
konstruieren und diese auch miteinander in Beziehung zu setzen.“
[sda]
Sehr gut! |
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26.04.2016
Pfauen |
René Pollesch
Bühne frei für Mick Levcik (Uraufführung)
"Pollesch hat mit seinen Arbeiten eine völlig neue Theatersprache
entwickelt. Sie ist in ihrer Art, Diskurs und Komödie zu verbinden, im
Verzicht auf klassische Rollen, auf jegliche Form von Repräsentation und
abendfüllenden Narrationen seit 15 Jahren einzigartig im
deutschsprachigen Theater. Weil seine Stücke im Kontext mit dem
jeweiligen Ensemble entwickelt werden und daher eng mit den Spielern und
dem gemeinsamen Probenprozess verbunden sind, gibt Pollesch seine Texte
nicht zum Nachspielen für andere Regisseure und Ensembles frei."
[Programmheft]
„René Pollesch dekonstruiert den alten Brecht mit Hilfe des noch älteren
Sophokles und neuerer feministischer Diskurse und macht aus einer
schweren antiken Tragödie aus dem Jahre 1948 eine leichte Komödie für
die „grosse inzestuöse Theaterfamilie“. „Die Theatersituation
transparent machen“, die „Narration mitsprechen“ heisst das im Stück.
Sophie Rois spielt nicht nur Antigone, sondern natürlich immer auch
Helene Weigel, plus: Volksbühnen-Heroine beim Betriebsausflug in die
Schweiz.“ [Frankfurter Allgemeine Zeitung] |

Sehr gut, leichtfüssig, hinterlistig mit
einer herausragenden Sopfie Rois.Und dem Männersprechchor, der anstelle
der alten Dame(n) lieber einen Nazichor spielen würde und spielen darf.
Zum Schluss mit einer Tanzeinlage zu Ehren des verstorbenen Prince.... |
28.04.2016
Pfauen |
Herbert Fritsch
Wer hat Angst vor Hugo Wolf? (Uraufführung)
"Was passiert nun, wenn die antikompositionelle Visualisierung der drei
Grundfarben auf die Liedkompositionen von Hugo Wolf zu den Dichtungen
Eichendorffs, Mörikes und Goethes trifft? Newman bezieht sich in seinem
Bildtitel „Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau?“ auf den Theatertitel
„Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ von Edward Albee. Albee wiederum
variiert im Grunde den Titel „Wer hat Angst vorm grossen, bösen Wolf?“ –
eine Komposition von Frank Churchill aus dem Jahr 1932. Herbert Fritsch
fragt 84 Jahre später mit sieben singenden Frauen: Wer hat Angst vor
Hugo Wolf? [Schauspielhaus.ch]
„ Anne Ratte-Polle rotzt den „Rattenfänger“ (als Gedicht, ganz ohne Hugo
Wolf) ins Stroboskopgewitter." [Tagesanzeiger]
- ein rarer Höhepunkt dieser zwar farbexplosiven und schauspielerisch
überzeugenden Inszenierung. Aber: So richtig warm werde ich nicht dabei. |
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18.05.2016
Schiffbau |
Bastian Kraft
Andorra von Max Frisch
"Bastian Kraft wurde 1980, also 19 Jahre nach der triumphalen
Uraufführung von „Andorra“ am Schauspielhaus Zürich, in Göppingen
geboren, ihn interessiert an Max Frischs Parabel nicht die historische
Spurensuche in der Zeit der braunen Jahre; nicht die Schweiz-Kritik;
auch nicht das Aktualisierungspotenzial, Stichwort Flüchtlinge. Nein,
Kraft nimmt Frisch beim Wort, das „Modell“ lautete – ein Modell in zwölf
Bildern. Er modelliert, mithilfe von Peter Baurs Bühnenbild, Jonas Links
Videokunst, einem grossartigen Claudius Körber und ein paar harten
Strichen am Schluss einen anschaulichen Abend über Ich, Über-Ich und
Ich-Verlust; über Identität, Projektion und Fragmentierung.“
[Tages-Anzeiger]
"In dieser Inszenierung stecken die Andorraner also gleichsam in Andris
Kopf. Und Bastian Krafts Grundeinfall leuchtet ein, wenn man bedenkt,
dass Andri die ihm von der Gesellschaft zugeschriebenen Eigenschaften
verinnerlicht hat. So gerät das Ganze zum brillant gemachten Psychogramm
eines Aussenseiters, wobei der Gerüstbau, dessen Glasflächen laufend
weiss angestrichen werden, wesentlich auch als Projektionsfläche dient
für die Videos von Jonas Link.“ [Südkurier]
Wieder ganz grosses Kino im wahrsten Sinne: Ein herausragender Claudius
Körber, dessen schauspielerisches Können in den
Video-Gegenüber-stellungen mit sich selbst (Vater, Mutter - Andri) voll
zur Geltung kommt, Bühnenbild, Henrike Johanna Jörissen als Schwester,
Weissmalerin und Kletterkünstlerin und das ganze Ambiente der
Inszenierung: Grossartig! |

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28.07.2016
Musikdorf Ernen |
Barockkonzert 5
mit dem Barockensemble Ernen und Maria
Keohane, Sopran
Johann
Friedrich Fasch: Sonate für Violine, Oboe,
Horn und Basso continuo d-Moll FaWV N:F3
Johann Pachelbel: Partie à 4 fis-Moll für
Violine, zwei Violen und Basso continuo
Unbekannte/r Komponist/in: Konzert E-Dur für
Horn, Oboe d’amore und Fagott
Georg Friedrich Händel: Kantate «Ah! Che
troppo ineguali» HWV 230
Georg Philipp Telemann: Kanon-Sonate Nr. 5
D-Dur für zwei Violen TWV 40:122
Johann Sebastian Bach: Brandenburgisches
Konzert Nr. 2 F-Dur für Violine, Blockflöte,
Oboe und Horn BWV 1047
Johann Adolph Hasse: «Salve Regina» G-Dur
(1744)
Ein selten gutes Konzert mit hervorragenden
Bläsern & Bläserstücken. Sehr guter Sopran!
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