Filme 2019 

 
05.02.19
Lunchkino
Bettina Oberli
Le vent tourne

"Ein Bauernhof im Jura, fernab vom nächsten Dorf. Hier haben Pauline und Alex ihren Traum von einem selbstversorgten Leben im Einklang mit der Natur verwirklicht. Ihre Liebe, ihre Ideale und ihre Arbeit schweissen sie zusammen. Nun will das Paar endgültig unabhängig werden und eigenen Strom produzieren. Der pragmatisch-unbekümmerte Ingenieur Samuel kommt auf den Hof, um den Bau einer Windturbine zu leiten. Pauline fühlt sich von Anfang an zu ihm hingezogen und spürt mit einem Mal die Enge, in der sie lebt. Ihre Gefühle für Samuel sind so heftig wie ein Sturm, der ihr Liebesleben und ihren Blick auf die Welt durcheinanderwirbelt…" [Pressetext]
"Bettina Oberli wagt den Spagat zwischen bittersüsser Beziehungs- und Selbstfindungs-Story und dem sperrigen, abstrakten Versuch, global kontrovers diskutierte Umweltfragen spielfilmartig zu verorten. Warum klappt das? Weil sich die Autorin richtigerweise dafür entschieden hat, dem Herzensblick auf das Menschliche im Allzumenschlichen am Beispiel ihrer kraftvollen Protagonistin Priorität zu geben und ohne Pathos oder Gefühlsduselei den Beginn eines lange unterdrückten Häutungsprozesses zu skizzieren. Dass „Le vent tourne“ von einigem Aufbruchsoptimismus umweht ist, nimmt man über das Filmende hinaus gerne mit." [journal21.ch]
Sehr, sehr gut!



13.02.19
Lunchkino
Björn Runge
The Wife

"Soeben hat Glenn Close für ihre fantastische Darstellung in THE WIFE den Golden Globe Award gewonnen, und bald wird sich herausstellen, ob sie auch den längst fälligen Oscar erhält. Sie spielt Joan, die Ehefrau des bedeutenden amerikanischen Schriftstellers Joe Castleman, der für sein Oeuvre mit dem Nobelpreis ausgezeichnet werden soll. Gemeinsam mit Sohn David - selbst Schriftsteller ohne Vaters Segen - reisen sie nach Schweden. Zwischen offiziellen Empfängen, Ehrfurchtsgebaren und Damenprogramm werden die Risse ihrer Ehe sichtbar, und eine unruhige Unzufriedenheit beginnt durch Joans stoische Fassade zu brechen. Zu allem Überfluss werden die Castlemans auch noch von Journalist und Möchtegern-Biograph Nathaniel Bone (Christian Slater) verfolgt, der unnachgiebig versucht, ein dunkles Geheimnis aufzudecken…" [lunchkino.ch]
Sehenswert, die (vorhersehbare) Geschichte wird gut erzählt



 
23.02.19
Orientkino
Nuri Bilge Ceylan
The wild pear tree

"Nuri Bilge Ceylan
erzählt von Sinan, der nach Abschluss seines Studiums in seine heimatliche Provinz zurückkehrt. Im anatolischen Heimatdorf holen ihn die Schulden seines Vaters ein und Fragen, die sich ihm und uns stellen. Der Filmtitel «The Wild Pear Tree» steht auch für den Titel des ersten Romans, den Sinan verfasst hat." [orientkino.ch]
Grossartig langsamer Film, der einen leider mit der immensen Untertitel-Textmengen erschlägt. Da bleibt kaum Zeit zum Eintauchen in die Bilder/Landschaft, in das tägliche Leben. Endlos herumlaufende Männer, die quasi eine Buchpassage vortragen.. Schade, enorm anstrengend






28.05.19
Lunchkino
Gaya Jiji
Mon tissu préféré

"Damaskus im Frühling 2011: Die 25-jährige Nahla ist hin- und hergerissen zwischen ihrem brennenden Wunsch nach Freiheit und einem Leben in Anpassung, in der Zeit des beginnenden Bürgerkriegs unter Bashar al Assad. Eine arrangierte Ehe mit Samir könnte sie in die sichere USA führen. Doch sie begibt sich lieber in den Salon der geheimnisvollen Jiji zwei Stockwerke höher, wo sie die wahre Liebe sucht.

Gegenüber Madame Jiji, dem Symbol der Befreiung, haben Sie den Charakter des möglichen Ehemanns kreiert. Warum ist er wichtig?
Er ist ein Charakter, den ich gut kenne. Auch er ist einer aus meiner Realität. Ich habe diese Situation schon mehrmals erlebt. Ich stand vor einem Verehrer, einem in Amerika lebenden Syrer, der in seinem Herkunftsland nach einer «guten» Frau suchte. Jedes Mal war ich überrascht, dass diese Männer, die in jungen Jahren gegangen sind, um in freieren Ländern mit offeneren Sitten zu leben, in Wirklichkeit sehr verschlossen blieben.
Wollten Sie zeigen, dass dieser Charakter auch nicht frei ist?
Ja, diese Männer sind Gefangene der Tradition, sie kommen nach Syrien, um eine Frau zu suchen, die Jungfrau und gehorsam ist, weil sie keine emanzipierte Frau wollen. Im Film ist dieser junge Mann ein unterdrückter Charakter, ohne es zu wissen, er ist Teil der Vergangenheit, ist auch ein Opfer. Ich meine auch, dass die Menschen im Nahen Osten Opfer dessen sind, was sie für ihre Männlichkeit halten, des Bildes, das ihnen unsere Gesellschaft vermittelt und aufzwingt. Sie sind nicht freier als Frauen." [der-andere-film.ch]
Sehr empfehlenswert!




12.08.19
Le Paris, Zürich
Bong Joon-ho
Parasite

"Zunächst einmal beginnt der Film, als würde er die Richtung eines potentiellen Sozialdramas einschlagen. Eine vierköpfige Familie – Vater, Mutter und zwei erwachsene, noch zuhause lebende Kinder – kämpft in einer mit Kakerlaken geteilten Souterrain-Wohnung am Existenzminimum ums Überleben. Als der Sohn von einem Freund vermittelt die Chance bekommt, der Tochter einer reichen Familie Englisch-Nachhilfe zu geben, wittert er seine grosse Chance. Und das nicht nur für sich selbst.
Mit viel betrügerischer Raffinesse verschafft er erst seiner Schwester eine Anstellung als Kunsttherapeutin für den Jüngsten, dann kommen – jeweils unter Vorspiegelung falscher Tatsachen – auch der Vater als Fahrer und die Mutter als Haushälterin unter. Doch kaum hat man das Gefühl, die eine Familie verdränge die andere zusehends aus ihrem eigenen Haus und Leben, schlägt die Geschichte eine neue Volte. Und noch eine. Und noch eine..." [cineman.ch]
Kameraführung, Regie, Geschichte sehr gut! Braucht aber ein bisschen Stahl in den Nerven...
Goldene Palme Cannes 2019

 





20.08.19
Riffraff
Pedro Almodovar
Dolor y Gloria

"Als der in die Jahre gekommene Regisseur Salvador (Antonio Banderas) eingeladen wird, seinen erfolgreichsten Film im Rahmen einer Retrospektive in Madrid zu präsentieren, lässt er sich eher widerwillig darauf ein – auch weil er gezwungen ist, Kontakt zum Star seines grössten Films aufzunehmen, mit dem er seit damals tief zerstritten ist. Erstaunlicherweise verstehen sich die grundverschiedenen Männer nach all diesen Jahren aber ganz ordentlich, und Albertos (Asier Etxeandia) lockeres Verhältnis zu Drogen, das Salvador damals in den Wahnsinn getrieben hat, hilft ihm heute, sich zu entspannen: Gemeinsam dröhnen sie sich in Albertos Garten zu, und Salvador verfällt in eine Art Trance, die ihn seine von seinen zahlreichen Krankheiten ausgelösten Schmerzen vergessen und in der Vergangenheit schwelgen lässt. " [cineman.ch]
Sehr schöne Geschichten aus der Vergangenheit, besonders im zweiten Teil. Sehenswert!






25.10.19
Kino Orient
Céline Sciamma
Portrait de la jeune fille en feu

"Eingebettet in elegante, herrlich malerische Bilder, erhebt sich Portrait de la jeune fille en feu zum Hüter einer Amour Fou, einer körperlichen, mächtigen Liebschaft bis zum letzten Atemzug. "Indem ich dieses Gemälde überbringe, verliere ich dich" – eine Antwort, welche die Komplexität einer Geschichte zusammenfasst, die zum Scheitern verurteilt ist. Die Klippe am Ende des Weges, eine Metapher für eine Liebe im Gleichgewicht, so rein und so nah daran, in die Leere abzurutschen. Orpheus, der Dichter, schaut auf Eurydike, das bezaubernde Wesen: Celine Sciamma zeichnet ein neues Bild einer entrückten griechischen Legende, die trotz der vielen Melancholie erfreulicher ist. Die Geschichte grenzt so kraftvoll wie ein erster Kuss an das Erhabene. Eine berauschende ebenso wie vergängliche Romanze; eine so sinnliche und unglaubliche Leidenschaft, welche durch die Poesie der atemberaubenden Umgebung noch verstärkt wird." [cineman.ch]
Wunderbar!





31.10.19
Riffraff
Esen Isik
Al-Shafaq

"Die Familie Kara aus Zürich wird durch den streng gläubigen Vater Abdullah dominiert. Während der älteste Sohn Kadir und die Tochter Elif ihren Platz in der türkischen Familie wie auch der westlichen Welt gefunden haben, kämpft der jüngste Sohn Burak mit der fehlenden Anerkennung seines Vaters und sucht nach einer Identität zwischen den Welten. Als Burak den Koran ins Zentrum seiner Weltanschauung stellt, merken die Eltern zu spät, dass Burak ihnen bereits entglitten und auf dem Weg in den heiligen Krieg ist ..." [riffraff.ch]
Das geht unter die Haut! Sehr sorgfältiger Film, der Verständnis fördert und zugleich zum Augen Öffnen auffordert! Unbedingt sehenswert!



22.11.19
Lunchkino
 

Nicolas Bedos
La belle époque

"So kann es mit den Eltern einfach nicht weitergehen!", denkt sich Maxime (MICHAËL COHEN). Sein Vater Victor (DANIEL AUTEUIL) wird zunehmend zu einer Nervensäge, die mit sich, der Welt und dem Alter über Kreuz liegt. Seine Frau Marianne (FANNY ARDANT) ist das genaue Gegenteil. Victors ewige schlechte Laune wird ihr schliesslich zu viel. Sie setzt ihn kurzerhand vor die Tür. Victor braucht definitiv Hilfe! Und Maxime hat eine Idee. Sein Freund Antoine (GUILLAUME CANET) hat eine Firma, "Time Travellers", die gut betuchten Kunden ermöglicht, in einem raffiniert eingerichteten Filmstudio in eine Zeit ihrer Wahl zu reisen. Victor willigt ein. Er entscheidet sich für das Jahr 1974, den exakten Tag, an dem er sich in seine Frau Marianne verliebt hatte. Anfangs skeptisch, lässt er sich immer mehr in den Bann der Erinnerungen ziehen. Und die Kulisse aus Neonlichtern, Schlaghosen und Zigarettenrauch wird zu einer Reise, in der die betörende Schauspielerin Margot (DORA TILLIER) die Grenze zwischen damals und heute verschwimmen lässt... [Pressetext]
Wohlfühlkino in bester französischer Manier. Gutes Drehbuch, gute Regie und gute Schauspieler/innen. Eine Wohltat nach dem unsäglichen "Richard says goodbye" von letzter Woche im Lunchkino....
 





??.12.19
Riffraff
Karim Aïnouz
The Invisible Life of Euridice Gusmao

"Lust auf ein bewegend schönes Stück episches Kino und auf die Zeitreise zweier Frauen in einem tropischen Melodram? Darüber hinaus auf einen Ausflug nach Rio de Janeiro? Der Roman von Martha Batalha, deutsch erschienen unter dem Titel «Die vielen Talente der Schwestern Gusmão», wurde von Karim Aïnouz aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts für den Film in die 50er Jahre und damit näher an unsere Gegenwart heranholt, in der die Handlung mündet. Wir tauchen ein in den Mikrokosmos einer Familie, in der jugendliche weibliche Entdeckungslust und schiere Lebensfreude auf den Widerstand eines traditionellen Familienbildes stossen, auf die männliche Idee, dass Frauen den Haushalt betreuen sollen und Männer diktieren, was sie zu tun und was zu lassen haben. Eurídice spielt liebend gern Klavier und will Pianistin werden. Guida hört ihr zu und sucht selber die wahre Liebe in wechselnden Beziehungen. Sie verfällt dem Charme eines Matrosen, kehrt schwanger heim und wird vom Vater verstossen. Er trennt seine Töchter, ohne dass die eine von der anderen weiss, wo sie steckt." [orientkino.ch]
Ganz grosses Kino! Für einmal ausbeuterische Sexszenen, die die Männer ziemlich erbärmlich aussehen lassen... Unbedingt sehenswert!