Saison 2015_2016 
06.09.2015
Tunnelgarage
Ennetbaden
Röbi Egloff
Friedrich Glauser: Matto regiert

"...Eine packende Verknappung des in der Originalversion gut 200 Seiten starken Kriminalromans auf 90 Minuten spannendes Theater. Dabei wird die hochdeutsche Fassung der Vorlage nicht zuletzt durch typisch Glauser’sche Ausdrücke wie «Löli», «Schmier», «Gopferdori» oder «Stieregrind» gerecht. In der Bühnenversion ist indes, anders als im Roman, der Anstaltsdirektor nicht nur als Leiche, sondern zunächst durchaus noch lebendig zugegen. Das gibt Franco Fiordiponti - einem «Urgestein» der Truppe – die Gelegenheit, sein aussergewöhnliches darstellerisches Können einmal mehr schlagend unter Beweis zu stellen. Der in Zürich lebende gebürtige Römer tut dies hier gar in zwei Rollen absolut mitreissend.
Sämtliche 16 Darstellerinnen und Darsteller – egal ob sie zentrale oder nur stumme Charaktere spielen - agieren mit fesselnder Präsenz. Besonders tun dies die Klinikpatienten, die mit verbalen und gestischen Stereotypien unter ihrem «Verrücktsein» auf berührende Weise menschliche Tragödien durchschimmern lassen. Unverhofft schleicht sich die Erkenntnis ein, dass im Wahnsinn auch ein Körnchen Wahrheit steckt.
Stellvertretend für die grossartigen Leistungen aller Mitwirkenden seien speziell erwähnt Yann Schmid als verzweifelter Patient Herbert, Christina Kraushaar als gütige Pflegerin Irma, Andres Schifferle als verzagter Pfleger Otto, Barbara Gebhart als couragierte Ärztin, Adrian Müller als Portier mit zwei Gesichtern sowie Ernst Wenger als Charakterkopf Wachtmeister Studer."
[aargauerzeitung.ch]
In jeder Beziehung (Spielort, Ausstattung, Regie, Schauspieltruppe) eine äusserst gelungene Aufführung, die die Enge in dieser Klinik schaurig gut preicht. Super!

09.09.2015
moods
Yilian Cañizares feat. Akua Naru
Ein magisches Duo zum Saisonstart: Die Sängerin und Geigerin Yilian Cañizares trifft auf Rapperin und Poetin Akua Naru! Diese Frauen versprühen einen würzigen Mix verschiedener Klangkulturen: Kuba-Sounds, klassische Spieltechnik und die urbane Tiefe des Jazz, Soul und Blues. Yilian  Cañizares Wurzeln liegen in Kuba, seit 2002 lebt sie in Lausanne.
Yilian Canizares ist der neue Rising-Star am Jazz-Latin-Himmel. Die Sängerin und Geigerin verbindet tanzende Kuba-Klänge mit klassischer Technik und der urbanen Tiefe des Jazz. Magisch! Wo sie auftritt, hinterlässt sie ein beglücktes Publikum und erntet Begeisterungsstürme. Erst kürzlich wurde sie vom bekannten Pariser Label Naive (Meshell Ndegeocello, Carla Bruni, Pink Martini) unter Vertrag genommen. Line-up
Yilian Canizares voc, violin, Jerry Leonide p, David Brito b, Cyril Regamey dr
[moods.ch]
Sehr schönes Konzert - wäre allerdings auch ohne die auf Show-Elemente bauende Akua Naru ausgekommen.
29.09.2015
Opernhaus

Andreas Homoki
Wozzeck, Oper in drei Akten (15 Szenen) nach Georg Büchners «Woyzeck»
"Irrlichternd hetzt der Soldat Wozzeck durch eine Welt, die er nicht zu enträtseln vermag. Vom Doktor wird er mit absurden medizinischen Experimenten gequält, vom Hauptmann gedemütigt und verhöhnt. Und seine Geliebte Marie, mit der er ein Kind hat, betrügt ihn mit dem Tambour­major. Wozzeck wird zum Mörder und ersticht Marie.
Georg Büchners Dramenfragment, das Alban Berg als Vorlage für seine erste Oper nahm, ist eine erbarmungslose Fallstudie über soziales Unrecht und menschliches Leid. Aber es ist auch eine Groteske, die von der Überzeichnung lebt; das Abgründige und das Lächerliche liegen ganz nahe beieinander. In diesem Panoptikum erscheinen die Figuren wie Marionetten, die letztendlich alle durch dieselbe existentielle Angst zum Zappeln gebracht werden.
Alban Bergs Wozzeck, 1925 uraufgeführt und rund hundert Jahre nach Georg Büchners Drama entstanden, gehört zu den Gipfelwerken der Operngeschichte. Bergs expressionistischer Tonfall ist formal genial gefasst. Seine Partitur, so schrieb der Musikwissenschaftler Alfred Einstein, gleiche einem Nervenbündel: «Man meint zuerst, es seien nur wirre Drähte, aber es ist ein lebendiger Organismus. Die Vorgänge sind traumhaft; sie sind verzerrt wie in einem wüsten Traum. Auch alles Volksliedhafte ist verzerrt, selbst das Geräusch wird Aus­druck, und der Naturalismus wird Stil.»
[opernhaus.ch]
Wunderbares, geniales Bühnenbild passend zur kasperlitheaterhaften Inszenierung. Berg's Musik ist mir noch nicht so richtig erschlossen.



01.10.2015
Schiffbau
Enrico Beeler
Die grüne Katze von Elise Wilk

"Bianca schwärmt für Robert. Doch der ist damit beschäftigt, dem Lebensplan, den seine Eltern für ihn vorgesehen haben, zu entkommen. Mit ihrer besten Freundin Roxana teilt sie alles, auch Victor, den Schutzengel.
Biancas Schwester Flori versucht mit Beschwörungen das Schicksal zu überlisten.
Biancas früherer Freund Boogie beamt sich mit Pillencocktails in andere Sphären, um sich über den Verlust seiner ersten Liebe hinwegzutrösten.
Dani jagt der grünen Katze nach, durch die für ihn alles leichter wird.
Im Club „President“ fordern sie das Leben heraus. Doch ein Samstagabend dort endete anders als alle vorherigen.

Das Stück erzählt von der Sehnsucht nach einer Bestimmung im Leben, nach Halt und Geborgenheit."
[Schauspielhaus.ch]
 

Sehr gute Schauspieler/innen, auch die Inszenierung passt!
Das paarweise aneinander vorbeisprechen zeigt wunderbar
wie alle Beteiligten in ihren "Welten" gefangen sind und sich so immer wieder verpassen / missverstehen, bis das Unheil hereinbricht.


02.10.2015
Theater Rigiblick

Musikalische Leitung: André Bellmont
Pink Floyd meets Edgar Allan Poe

"Atom Heart Mother" und "Der Untergang des Hauses Usher"
06.10.2015
Schiffbau
Teil 1

Karin Henkel
Die 10 Gebote nach K. Kieslowski's "Dekalog" Teil 1

"Welche Gebote und Verbote bestimmen unser Leben? Auf welche Werte und Tabus gründet sich unsere Gesellschaft? Und in welche Widersprüche und moralischen Konflikte verstricken sie uns? Der Autorenfilmer Krzysztof Kieślowski hat in seinem legendären Werk „Dekalog“ zehn Filme zu den zehn Geboten realisiert – mal in sehr direktem Bezug, mal assoziativ und frei. Für ihre Inszenierung in der Schiffbauhalle entwickelt die Regisseurin Karin Henkel aus Kieślowskis Vorlage einen vielgestaltigen Themenpark um die zentralen Fragen von Schuld und Bestrafung, Glaube und Zweifel, Liebe und Tod, Besitz und Verlust, Sicherheit und Erschütterung. Das Publikum begegnet den Figuren und Geschichten auf einer Wanderung durch die inneren und äusseren Räume einer existenziellen Topografie, welche in den Räumlichkeiten der Schiffbauhalle eine eigene Realität gewinnt.
" [schauspielhaus.ch]
Grossartig angelegte Szenen im Schiffbau. Grosses Kino mit viel Herumlaufen, so dass die 4h problemlos verkraftbar sind. Ein Höhepunkt zum Saisonstart!



Die 10 Gebote
Teil 2

 

23.10.2015
Schiffbau
 


Das fünfte Gebot: Du sollst nicht töten

Das siebte Gebot: Du sollst nicht stehlen

Das vierte Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren

Das zweite Gebot: Du sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen.
Das neunte Gebot: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau (Gleiche Szenerie ebenfalls mit Gottfried Breitfuss und Carolin Conrad)

Das sechste Gebot: Du sollst nicht ehebrechen
Das achte Gebot: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten (Videoraum mit Friederike Wagner)


Das zehnte Gebot: Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, Sklaven, Rind, Esel oder was er sonst noch hat.

Das dritte Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen

Das erste Gebot: Ich bin der Herr, Dein Gott. Du sollst keine anderen Gätter neben mir haben
10.10.2015
Pfauen
Stefan Pucher
Ein Volksfeind von Henrik Ibsen.
Bearbeitung: Dietmar Darth
"Doktor Tomas Stockmann, Bewohner eines Städtchens mit der fortschrittlichsten Kommunalverwaltung aller Zeiten, hat eine ungeheuerliche Entdeckung gemacht. Das Grundwasser ist verseucht. Verantwortlich ist ein Energiekonzern, mit dem dubiose Verträge abgeschlossen wurden. Nun drohen die Folgen des Deals den Ruf der Stadt zu ruinieren. Man feiert den „Volksfreund“ Stockmann als Entdecker eines Skandals. Im Namen der Wahrheit soll er in die Schlacht gegen den Energieriesen ziehen. Die Ehre wird ihm voreilig zuteil. Denn nach anfänglicher Euphorie schmelzen die Glück verheissenden Losungen „Transparenz“, „Demokratie“ und „digitale Partizipation“, die sich die Gemeinde stolz auf ihre Fahnen geschrieben hat, und Stockmann findet sich im Filz des kleinstädtischen Lobbyismus wieder."
[schauspielhaus.ch]
Das digitale Zeitalter hat uns: Miteinander sprechen via Handy und Videoprojektion. Verantwortung übernimmt die "Comunity". Und: Argumentiert wird ja wie in der Politik!
Sehr gut!
"In seiner Übertragung von Henrik Ibsens Ökosatire entlarvt der Dramatiker, Journalist und Science-Fiction-Autor Dietmar Dath unsere smarten digitalen Welten als pseudo-demokratisches Blendwerk in den modernen, von kapitalistischen Heilsversprechungen gesteuerten Gesellschaften."
[nochmals schauspielhaus.ch]

05.11.2015
Pfauen
Barbara Frey
Meer von Jon Fosse

Ein Mann, der nicht müde wird zu sagen „Ich bin der Kapitän“, kommandiert ein Schiff, welches womöglich eine Erinnerung ist oder die Sehnsucht nach Identität. Ein anderer Mann, der nicht müde wird zu sagen „Ich bin der Gitarrenspieler“, spielt Luftgitarre für alle, die die schönste Musik hören wollen. Der Kapitän erkennt in einem älteren Paar seine lang vermissten Eltern, jedoch erkennen sie in ihm nicht ihren verlorenen Sohn und fürchten sich. Ein junger Mann beschwört eine junge Frau, dass sie ihn nie verlassen dürfe, sie jedoch fühlt sich magisch zu den Klängen einer Gitarre hingezogen, die er nicht hören kann. Die archetypischen Figuren treiben zeitlos auf einem Weltmeer, in einem mystischen Raum zwischen Dasein und Tod, Ort und Nicht-Ort, Sprache und Schweigen. Das menschliche Unvermögen, sich und den anderen wahrhaftig zu erkennen, die unerhörte Sehnsucht, dem Alleinsein zu entkommen, und die machtvolle, tröstliche Existenz einer Sphäre des Nicht-Sichtbaren, des Unsagbaren bringt Jon Fosse zur Sprache.
[Schauspielhaus.ch]
Reaktionen in "Nachtkritik.de", die ich auch teile:

"Ihre Inszenierung hält die Spannung über die (70 Minuten kurze) Distanz. Ihr Ensemble spielt sparsam, aber hoch konzentriert, mit und ohne Worte."(Basler Zeitung) oder:
"Frey führe ihre Schauspieler mit dem Rhythmusgefühl einer feinsinnigen Musikerin in einen Sitz-, Steh-, Liege- und Schwebetanz erster Güte." (NZZ)
aber auch - und das kommt meinem Gefühl doch ziemlich nahe:
"Schwer zu entscheiden, ob das religiöse Mystik, unsagbar tiefer nordischer Existentialismus oder unsäglicher Grübelmonsterkitsch ist." ;-)


15.11.2015
Schiffbau
Werner Düggelin
Glückliche Tage von Samuel Beckett

"Winnie, die Frau, steckt bis zur Brust in einem Erdhaufen und droht tiefer und tiefer darin zu versinken. Sie hält an alltäglichen Tätigkeiten fest, die einst einen Sinn gehabt haben mögen, aber angesichts der völligen Auflösung von Winnie nur mehr die Funktion haben, sich die Zeit zu vertreiben. Ihr Mann Willie ist zum wortkargen schläfrigen Vierbeiner verkommen, der sich nur noch kriechend fortbewegen kann. Plötzlich wird er von einem Funken Erotik durchglüht und versucht, den Erdhaufen, der die Frau langsam verschlingt, zu besteigen. Im krassen Widerspruch zur äusserlich katastrophalen Situation erscheint die Frau doch als Inbegriff eines glücklichen Menschen, da sie sich über unscheinbarste Ereignisse freut und ihr Schicksal mit unbeirrbarem Optimismus belächelt. Wie die Personen in anderen Stücken von Samuel Beckett bestehen auch Winnie und Willie auf der Illusion des Wartens auf etwas nie Eintreffendes und überspielen in tragikomischer Hilflosigkeit ihren eigenen Verfall. Das 1961 in New York uraufgeführte Stück ist einer der visionärsten Theatertexte des 20. Jahrhunderts.
[schauspielhaus.ch]
Nach "Endspiel (2011)" gelingt mir der Zugang zu dieser Art Theater(-text) wiederum nicht wirklich. Visionär? Da ist jeder Tetraplegiker, der sein Schicksal bewältigt visionärer...
26.11.2015
Tuchlaube
KAZALPIN
VOCALS: Irena Kotvitskaja, Rusia, Nadzeya Tschuhunova.
SAXOPHONES, SWISS DIATONIC FOLK ACCORDION, DUDUK, OVERTUNE FLUTE: Albin Brun.
ACCORDION: Patricia Draeger.
DOUBLE BASS: Claudio Strebel.
DRUM: Marco Käppeli

Zum dritten Mal (2010, 2011) gehört, tönt  vertraut, aber doch immer wieder neu! Superband (Patricia Draeger!) und drei grossartige Sängerinnen

04.12.2015
Pfauen

Stephan Kimmig
Die Jungfrau von Orléans von
Friedrich Schiller, ergänzt um einen Text von Peter Stamm
"
Ein rettender Engel, ein mordender Teufel, ein Wundermädchen, dem sich keiner entziehen kann, dem keiner entkommt. So erscheint die Jungfrau von Orleans auf dem Schlachtfeld. Mit ihrem Erscheinen aus dem Nichts und ihrem Verschwinden ins Nichts verbreitet sie geradezu mythischen Schrecken, wie wir es aus dem Alten Testament kennen. Wer ist sie? Wer war sie? 1429 während des Hundertjährigen Kriegs zwischen England und Frankreich taucht ein lothringisches Bauernmädchen mit göttlichem Sendungsbewusstsein im französischen Lager auf und führt die Franzosen an der Spitze von Sieg zu Sieg und ihren Kronprinzen Karl VII. zur Krönung nach Reims. Schillers „romantische Tragödie“ erklärt die historische Fahnenträgerin zur Gotteskriegerin, die eigenhändig tötet. Erst als sie dem englischen Heerführer Lionel begegnet, versagt ihr die Kraft zu töten, weil sie liebt."
[schauspielhaus.ch]



Peter Stamm bringt - wohl verstanden vor den Ansch-lägen in Paris - Jeanne d'Arc in die Nähe von religiös bedingtem Fanatismus, Terrorismus. Daneben lotet er auch neue Erwerbs-quellen von Katastrophen-Versicherungen aus: Man müsste in den Leuten vorher nur genügend Ängste schüren. Die Realität hat uns eingeholt.
Mit einer hervorragenden Marie Rosa Tietjen als Johanna d'Arc
18.12.2015
Pfauen
Viktor Bodo
Der Besuch der alten Dame von Friedrich Dürrenmatt

"Man erwartet den Besuch der Multimilliardärin Claire Zachanassian. Die Kleinstadt Güllen war einst wohlhabend, ist nun aber völlig verarmt, die ganze Stadt wird gepfändet, selbst das Heimatmuseum wurde „vor drei Jahren nach Amerika verkauft“. In dieser ausweglosen Situation hofft der Bürgermeister auf eine rettende Stiftung der alten Dame, die als Klara Wäscher in Güllen aufgewachsen ist. Claire Zachanassian erreicht das Städtchen in einem grotesken Auftritt, umgeben von Dienern und Zofen, zwei Sänftenträgern – „Gangster aus Manhattan“ – sowie ihrem siebten Gatten. Sie lässt den Bürgermeister nicht lange werben, sondern kündigt eine Schenkung von einer Milliarde an – unter der Bedingung, dass sie sich dafür „Gerechtigkeit“ kaufen könne: Jemand solle den Kaufmann Alfred Ill töten, mit dem sie damals eine stürmische Liebe erlebt hat, der sie jedoch als junge Frau mit dem gemeinsamen Kind sitzen liess.
Diese bittere Komödie, 1956 am Schauspielhaus Zürich uraufgeführt, ist voller grotesker Fantasie und zeigt die makabre Automatik einer moralischen Verfehlung: Umso mehr die Bürger von Güllen Schulden machen, umso mehr verpflichten sie sich unausgesprochen auf das Angebot von Claire Zachanassian einzugehen. So steckt das Stück das Feld zwischen Recht und Rache, Selbstjustiz und der „Gerechtigkeit des Geldes“ ab. Claire Zachanassian selbst nimmt darin einen grotesken Charakter an: Nicht nur ihr Auftritt und ihre Entourage wirken komisch und grausig zugleich, auch sie selbst wirkt wie ein Prothesenmensch – fast alles an ihr ist künstlich."
[Schauspielhaus.ch]

Das Stück ist zeitlos umwerfend, ebenso inszeniert und gespielt
. Ganz grosses Kino!
 
27.12.2015
Schiffbau
Stückfassung und Regie: Enrico Beeler
Der Josa mit der Zauberfiedel
nach dem Original von Janosch

"Es war einmal ein Köhler, der hiess Jeromir. Er war gross wie ein Baum und ganz stark. Und sein Sohn, das war der Josa. Aber der Josa ist klein und überhaupt nicht stark. Das macht ihn traurig. Es braucht nicht jeder in die Fussstapfen seines Vaters zu treten, sagt der Vogel. Er schenkt ihm eine Zauberfiedel, nicht grösser als eine Feder und lehrt ihn eine Melodie, mit der er die Welt verzaubern kann. Jeder, der sie hört, wird grösser oder kleiner. Josa will dem Mond vorspielen, damit er gross wird oder klein. Dann kann der Vater an den Himmel zeigen und sagen: Seht nur, das ist der Josa, mein Sohn, der das kann. Der Weg zum Mond ist aber nicht so leicht zu finden …"
[schauspielhaus.ch]

Liebevolle Inszenierung. Regie, Musik., Schau- und Puppenspiel überzeugend.
12.01.2016
Pfauen, Kammer

Julian Klein
Hans Schleif mit Matthias Neukirch

Hans Schleif war Architekt, Archäologe, Familienvater und ranghohes Mitglied der SS. Sein Enkel Matthias Neukirch, seit dieser Spielzeit Mitglied im Ensemble des Schauspielhauses, begibt sich auf die Suche nach dessen Biografie. Mit dem Versuch, Vergangenheit und Gegenwart zu verknüpfen, macht seine sehr persönliche Arbeit, die für den Friedrich-Luft-Preis nominiert wurde, die Geschichte unmittelbar greifbar.
[schauspielhaus.ch]
Ein eindrücklicher, dreistündiger Abend (inkl. Gespräch bei Bier und MIneralwasser) zum Thema: Wer war mein Grossvater, wie geht/ging meine Mutter damit um, wie ist das mit "Schuld"?
Super!


                     

17.01.2016
Gartenhaus Villa Boveri
Daniel Behle, Schnyder Trio
HAMBURG - Waterkant-Songs (Uraufführung)

"Im nächsten Jahr setzt Daniel Behle seiner Heimatstadt Hamburg mit den „Waterkant Songs“, Arrangements und Neukompositionen für Tenor und Klaviertrio, ein musikalisches Denkmal." [danielbehle.com]
Und ob! Das Denkmal sitzt in jeder Beziehung, zum Tränenlachen!

Das tönt textmässig dann etwa so:

"Testeron, das ist verborgen
hier im Norden ist man passiv.
Doch wenn der Reiz sich nicht verloren,
ändert das den Zustand massiv.

Wenn solche Friesen auf den Wiesen
sich mit ganzem Herze verschaun'n
tun sie mit Eiche auf dem Deiche
ihrem Liebchen ein Nestlein bau'n.

Sind Hormone auch mal schwierig
und zu gierig ist der Mann,
dann hat der Friese eine Krise
geht zu vielen ab und an."
[aus: Schlicht an der Waterkant]

  Ruedi Häusermann
piano forte (Uraufführung)
"Der Komponist und Regisseur Ruedi Häusermann unternimmt gemeinsam mit vier Pianisten, vier Schauspielern und einem Chor eine musiktheatralische Reise durch die Geschichten und Bilder, die ein musikalisches Werk in sich trägt. Was wie ein Konzert für vier Klaviere beginnt, verwandelt sich mehr und mehr in eine flüchtige, traumähnliche Welt, in der Bilder und Geschichten auftauchen, sich überlagern und wieder verschwinden. Die klanglichen und visuellen Welten, die entstehen, wenn die Gedanken der Zuhörer beim Hören der Musik abzuschweifen beginnen, werden zu einem Erlebnis der besonderen Art, das dort sein Ende findet, wo es auch begonnen hat: in einem Konzertsaal … Es entsteht ein vieldeutiger, poetischer und humorvoller Kosmos, in dem die Bilder, die sich in Häusermanns Neukompositionen für vier Klaviere verbergen, zum Leben erweckt werden.
Das junge Zürcher Klavier-Ensemble Kukuruz Quartett wurde 2014 im Rahmen einer Musiktheater-Produktion von Ruedi Häusermann gegründet, um insbesondere Musik für vier „wohl-präparierte Einhandklaviere“ zu spielen. Es handelt sich also um eine aussergewöhnliche Formation, für die es kein herkömmliches Repertoire gibt. Die Musikerin und die Musiker entwickeln über längere Zeit gemeinsame Präparationen und Konstruktionen. Das Tüfteln und Basteln, das minutiöse Planen von Details nimmt einen sehr grossen Raum ein."
[schauspielhaus.ch]
Ein wunderbarer, äusserst poetischer Abend! Super!
02.02.2016
Schiffbau
Jan Bosse
Hexenjagd von Arthur Miller

"Hexenjagd spielt im Jahr 1692 in Salem, einer Gemeinde im heutigen US-Bundesstaat Massachusetts.
In dem kleinen Städtchen Salem überrascht der Pfarrer Samuel Parris seine Tochter Betty, seine Nichte Abigail Williams und weitere Mädchen bei einem okkulten Ritual im Wald.
Einige der Kinder scheinen sich nicht von dem Schock der Entdeckung zu erholen. Sie werden ohnmächtig oder krank, was sie aber nur vortäuschen, um sich selbst zu schützen. Da die „Krankheiten“ der Kinder von Ärzten nicht zu erklären sind, entsteht schnell das Gerücht von übernatürlichen Ereignissen, von Teufelsbeschwörung und Hexerei.
Pastor Parris beauftragt Pastor Hale, einen Teufels-spezialisten, der Krankheit seiner Tochter auf den Grund zu gehen. Die Mädchen, allen voran Abigail, merken sehr schnell, dass sie selbst der Strafe entgehen können, wenn sie andere beschuldigen, sie zu ihrem verbotenen Tun getrieben zu haben. Sie nennen wahllos Namen von Gemeindemitgliedern, die angeblich mit dem Teufel im Bund stehen, und das Verhängnis nimmt seinen Lauf.
Der Stellvertreter des Gouverneurs, Danforth, und sein Assistent Richter Hathorne eröffnen ein Gericht in Salem. Hauptzeugen sind die Mädchen, die bald halb Salem als Hexen denunzieren. Der Bauer John Proctor durchschaut jedoch die Lügen und warnt davor, den Anklagen der Mädchen Glauben zu schenken. Abigail, die ein persönliches Interesse an Proctor hat, da er eine Affäre mit ihr hatte, während sie als Magd in seinem Haushalt tätig war, bezichtigt dessen Frau Elizabeth der Hexerei. Elizabeth wird verhaftet.
Proctor versucht mit Hilfe seiner Magd Mary Warren seine Frau zu retten und vor Gericht zu beweisen, dass Abigail und die Mädchen lügen. Zunächst gesteht Mary, dass die Mädchen alles nur vorgetäuscht haben. Doch unter dem Druck der Mädchen und nach einem neuerlich inszenierten Anfall kann sie ihr Geständnis nicht aufrechterhalten. Proctor bekennt sich zu seiner früheren Beziehung zu Abigail und versucht, Richter Danforth von deren Hass auf Elizabeth zu überzeugen. Dieser lässt Elizabeth kommen und befragt sie. Doch Proctors Frau, die seine Ehre retten will, behauptet, dass es kein Verhältnis gegeben habe. Während sie abgeführt wird, offenbart John ihr sein Geständnis. Mary bricht zusammen. Sie beschuldigt nun Proctor, mit dem Teufel im Bund zu sein und sie zu dem Geständnis gezwungen zu haben. Proctor wird verhaftet und zum Tode verurteilt. Hale, der Zweifel an Proctors Schuld hat, verlässt das Gericht.

Aufstände in Andover ändern die Situation. Parris befürchtet einen Aufstand auch in Salem. Außerdem sind die Mädchen geflohen, allen voran Abigail. Das Gericht erkennt nun seinen Irrtum. Doch der Lauf der Dinge ist nicht mehr aufzuhalten, andernfalls wären Autorität und Respekt verloren.


 

Danforth, der sein Gesicht wahren will, hofft nun, dass der zurückgekehrte Hale Proctor und die anderen zu einem Geständnis bringen kann. Proctor gesteht tatsächlich, zerreißt jedoch anschließend sein Geständnis und bezeichnet es als Lüge. Er und die anderen werden gehängt.
Die Entwicklung der Ereignisse schlägt sich auch im Verhalten der Kirche nieder. Während Pastor Parris, aus Angst seine Autorität aufs Spiel zu setzen, einfach zusieht, reicht Richter Danforth der Glaube der naiven, eigentlich unglaubwürdigen Mädchen, um bei den Angeklagten Hexerei anzunehmen und sie zu verurteilen. Trotz des Prozessverlaufs verharrt er in seiner starren Haltung und glaubt nicht mehr zurück zu können. Seine Eitelkeit und die Unfähigkeit, als Autoritätsperson einen Irrtum einzugestehen, machen es ihm unmöglich, das Aburteilen unschuldiger Bürger zu beenden. Nur Pastor Hale gelangt zur Einsicht. Bei dem Versuch, unschuldige Leben zu retten, muss er jedoch verzweifelt erkennen, dass er gegen den Wahn nicht ankommt."
[wipipedia.com]
 

Eindringliche Inszenierung mit hervorragenden Schauspieler/innen und passendem Bühnenbild. Dank Hörhilfe beim zweiten Besuch überzeugt jetzt auch die Tonqualität.

21.02.2016
Pfauen
Sebastian Nübling
Viel gut essen von Sibylle Berg
(Schweizer Uraufführung)
"Migration, Homo-Ehe, Biogemüse, Feminismus, Gentrifizierung von Wohnvierteln, Eurokrise – die Herausforderungen sind enorm, ebenso die Reizthemen, die nicht nur Internetforen und Stammtische zum Erbeben bringen. Er (dargestellt von drei Frauen...) ist Social-Media-Experte, liebt Biomärkte und erinnert sich gern an seine Jugend, aber wenn er etwas zum Thema Liebe sagen soll, bekommt er Herzrasen. Weiss, heterosexuell, gutbürgerlich und gesund hat er nicht nur beruflich, sondern auch privat alles richtig gemacht und muss nun doch erkennen, dass er nicht auf der Gewinnerseite des Lebens steht … Sibylle Berg lässt ihn sich in Rage reden, über den Zustand unserer Gesellschaft philosophieren, klagen, sich empören und dabei – „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ – zunehmend ungemütlich werden.
[schauspielhaus.ch]
„Sibylle Berg hat mit dem Schreiben des Stücks vor zwei Jahren begonnen. Uraufgeführt wurde es im Oktober 2014 in Köln. Damals formierten sich in Deutschland die unheimlichen Patrioten der Pegida. „Es rotteten sich mehr und mehr Hassgruppen auf Facebook zusammen“, sagt die 53-jährige deutsch-schweizerische Autorin im Zürcher Begleitheft. Sie habe beobachtet, dass die Unzufriedenen auf der Strasse vornehmlich Männer waren. „Ich wollte untersuchen, was ein Ursprung für all die unangenehmen Äusserungen dieser Männer sein könnte.“ Das war ihre Versuchsanordnung und der Anlass zum Stück, das an der Premiere in Zürich auf Begeisterung gestossen ist.“
[Neue Luzerner Zeitung]
Unheimlich am Stück ist die Aktualität.. Macht nachdenklich.


26.02.2016
Pfauen
Dušan David Pařízek
Mephisto - nach dem Roman von Klaus Mann

"Klaus Manns „Roman einer Karriere“ von 1936 gehört zu den bedeutendsten und wichtigsten Texten der Exilliteratur. Mann wirft einen schonungslosen Blick auf den karrieristischen und opportunistischen Künstler, den intellektuellen Mitläufer, der um des „Geldes und Ruhmes willen sein Talent an die blutbefleckte Macht verkauft“. Im Zentrum des Romans steht die Geschichte Hendrik Höfgens, die auf der Biografie des „Jahrhundertschauspielers“ Gustaf Gründgens basiert. In den 20er Jahren ein Provinzstar am Hamburger Künstlertheater, sympathisiert er zunächst mit dem Kommunismus, geht mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten nach Berlin und wird unter dem nationalsozialistischen Regime zum gefeierten Staatsschauspieler und Intendanten des Preussischen Staatstheaters. Am Höhepunkt seiner Karriere muss er erkennen, dass er zu einem „Affen der Macht“ und „einem Clown zur Zerstreuung der Mörder“ geworden ist. Dabei war und ist er doch nichts anderes als ein ganz gewöhnlicher Schauspieler …"
[www.schauspielhaus.ch]

Eigenwillige, spannende Inszenierung. Leider sind die unbequemen Sessel nicht geeignet, eigentlich ohne Pause knapp 3 Stunden durchzusitzen. Schade, wenn man gegen Schluss durch einen brennenden Hintern abgelenkt wird... Hervorragende Schauspieler/innen! Für mich auch überzeugende Regie.
06.03.2016
Kammer
Bram Jansen
Einige Nachrichten an das All von Wolfram Lotz

"Ist es möglich, das ganze Dasein in nur ein Wort zu fassen? Der LdF, Leiter des Fortgangs, hat eine Apparatur gebaut, die es den Figuren in Wolfram Lotz’ Stück ermöglicht, ihre individuelle Nachricht an das All zu senden – als Zusammenfassung ihres Lebens – festgehalten für die Nachwelt. In einem Wort. Eine sprachliche Verknappung einer gesamten Existenz. Doch welches einzelne Wort beschreibt ein ganzes Leben?
Purl und Lum, zwei körperbehinderte, beckett‘sche Figuren suchen nach einem Sinn in ihrem Leben. Gemeinsam beschließen sie, ein Kind zu haben. Da sie jedoch Figuren eines Theaterstückes sind und ihre Zukunft festgeschrieben steht, werden sie zum Abwarten verdammt. So bangen sie, ob der Autor denn überhaupt Nachwuchs für sie vorgesehen hat. Sie erhalten jedoch keine Antwort – das Warten und die Sehnsucht nach Erfüllung ihrer inneren Leerstelle bleiben. Vielleicht wissen die anderen Figuren die Antwort? Purl und Lum treffen auf Menschen, die allesamt ebenfalls mit ihrem Leben ringen. Ob der alleinerziehende Klaus Alberts mit seiner toten Tochter Hilda, die später mit dem auferstandenen Kleist wiederkehrt, der Forscher Rafinesque oder der Politiker Markus Söder – sie alle sind auf der Suche nach Antworten in diesem zweifelhaften Wirrwarr, dieser ungeheuren Explosion an Ereignissen und Emotionen, das sich Leben nennt. Wer sind wir? Wozu sind wir da? Und was bleibt?
Der Sprachakrobat Wolfram Lotz, Nachwuchsdramatiker des Jahres 2011 und Preisträger des Kleist-Förderpreises, hat mit „Einige Nachrichten an das All“ ein ungewöhnliches Stück über den Sinn und die Sinnlosigkeit des Lebens geschaffen, welches nur so vor lyrisch-philosophischen Sprachexplosionen birst.
[http://www.staatstheater-nuernberg.de]

Ein versponnenes, aber subtil verwobenes Stück, leichtfüssig und spannend inszeniert und das bestmögliche Ensemble in der kleinräumigen Kammer! Allen voran Claudius Körber, der mit seiner Spielfreude Gänsehaut erzeugt. Hammer, unbedingt nicht verpassen! Eindreiviertelstunden Theater vom Feinsten.

10.03.2016
Pfauen
Daniela Löffner
Nathan der Weise von G.E.Lessing

"Welcher ist der wahre Gott? Welche ist die wahre Religion? „Nathan der Weise“ stellt die Frage nach Toleranz und gutem Handeln jenseits religiöser Ideologisierung. Toleranz ist ein malträtiertes Wort in diesen Tagen. Mahnend wird sie von den einen gefordert, warnend von den anderen hinterfragt. Lessing appelliert in seinem Aufklärungsdrama an den Frieden zwischen den Religionen und kritisiert die Gewalt der Religion. Er verlegt sein Stück ins 12. Jahrhundert, in das von Muslimen besetzte Jerusalem. Der Jude Nathan hat seine Familie verloren. Sie wurde von Christen ermordet. Das Schicksal will es so, dass ihm ein Findelkind, ein Christenmädchen, in die Hände fällt, das er aufnimmt und als seine Tochter Recha im jüdischen Glauben grosszieht. Als Recha von einem jungen Christen, einem Tempelherrn, aus ihrem brennenden Haus gerettet wird, verlieben sich die beiden. Der Tempelherr ist von Sultan Saladin begnadigt worden, weil er ihn an seinen verstorbenen Bruder erinnert hat. Am Ende stellt sich heraus, dass Recha und der Tempelherr Geschwister sind und der gemeinsame Vater tatsächlich der verstorbene Bruder Saladins ist."
[schauspeilhaus.ch]
"Zum Teil stehen und knien die Figuren posenhaft voreinander wie im Stadttheater der 50er-Jahre."
[Deutschlandfunk]. Dieser Satz spukte während der ganzen Aufführung in meinem Kopf herum...
05.04.2016
Schiffbau
Enrico Beeler
Shut up

Damien hat die Diagnose ADHS, Becky wird von den Schulpsychologen auf Minderbegabung abgecheckt, François wurde innerhalb von zwei Jahren schon sechs Mal von der Schule verwiesen. Da die drei keiner Norm entsprechen, widerspenstig und wild sind, versucht man sie zu therapieren und mit Hilfe von Medikamenten den gesellschaftlichen Normen und Anforderungen anzupassen. Aber hinter jedem unangepassten Benehmen liegen bittere Erfahrungen.
Damien, Becky und François führen einen „Überlebenskampf“. Gemeinsam versuchen sie, sich gegen Mobbingattacken der Älteren zu wehren. Sie schliessen einen Freundschaftsbund, werden BFF, best friends forever. Sie schwören sich Freundschaft und Treue – bis zum ewigen Leben. [schaspielhaus.ch]

Sehr gutes Schauspieler-Trio: Anna Blumer, Aaron Hitz und Fabien Müller.
Das Stück überzeugt mich nicht: Pillenschluckende, überdrehte Randständige mit verkannten Fähigkeiten. Der Wiedererkennungseffekt für die anwesenden Schulklassen war praktisch null. Dass zum Schluss François als Musikgenie auf der Bühne endet - er hatte während des Spiels nicht eine Minute an irgendetwas geübt - ist schlicht Kitsch. Schade
 

07.04.2016
Schiffbau
Barbara Frey und Fritz Hauser
Nachtstück
„Barbara Frey schafft, mit Hilfe der präzisen Bühnenbildnerin Bettina Meyer und des fabelhaften Lichtmachers Rainer Küng, Hunderte Bilder, die auftauchen und wieder im Dunkel verschwinden und fast immer einen Abdruck hinterlassen, auf der Seele, in der Fantasie. Im Schiffbau des Schauspielhauses steht ein schwarzer Kasten, unten wohnt Fritz Hauser mit seinen vielen Gerätschaften, oben ist ein Zimmer mit einem grausam einsamen Bett. Breitet sich in diesem Raum zum ersten Mal ein trüber, scharf geschnittener Lichtkegel aus, sieht man eine Frau im roten Kleid auf dem Bett liegen. Allein. Unten, in einer Ecke weit vor dem Kasten, erhellt dann eine Strassenlaterne eine kleine Bank. Auf der sitzt Michael Maertens, wartend, verloren, den Rücken leicht gekrümmt.“ [Süddeutsche Zeitung]
„So unerwartet, wie das Licht im Hotelzimmer eingeschaltet wurde, so unerwartet erlischt es nach wenigen Sekunden auch wieder. Dafür leuchtet nun kurz eine Strassenlaterne auf und zeigt einen wartenden Mann. Daraufhin geht das Licht im Hotelzimmer wieder an: Der Liegende ist nun in Gesellschaft einer Frau. Später steht eine ganze Gruppe von Leuten ums Hotelbett herum. Dann, als das Licht einmal mehr angeknipst wird, liegt der Mann wiederum allein da, mit gefalteten Händen und Blumen auf der Brust. Und schliesslich ist das Hotelzimmer leer. Der Mann unter der Strassenlaterne wartet derweil noch immer.
Diese Momentaufnahmen, die an Video-Stills erinnern, regen – genau wie die Gemälde Edward Hoppers – die Phantasie der Zuschauenden stark an. So beginnt man unweigerlich, die Hintergründe zu den einzelnen Bildern zu konstruieren und diese auch miteinander in Beziehung zu setzen.“
[sda]
Sehr gut!
26.04.2016
Pfauen
René Pollesch
Bühne frei für Mick Levcik (Uraufführung)

"Pollesch hat mit seinen Arbeiten eine völlig neue Theatersprache entwickelt. Sie ist in ihrer Art, Diskurs und Komödie zu verbinden, im Verzicht auf klassische Rollen, auf jegliche Form von Repräsentation und abendfüllenden Narrationen seit 15 Jahren einzigartig im deutschsprachigen Theater. Weil seine Stücke im Kontext mit dem jeweiligen Ensemble entwickelt werden und daher eng mit den Spielern und dem gemeinsamen Probenprozess verbunden sind, gibt Pollesch seine Texte nicht zum Nachspielen für andere Regisseure und Ensembles frei." [Programmheft]
„René Pollesch dekonstruiert den alten Brecht mit Hilfe des noch älteren Sophokles und neuerer feministischer Diskurse und macht aus einer schweren antiken Tragödie aus dem Jahre 1948 eine leichte Komödie für die „grosse inzestuöse Theaterfamilie“. „Die Theatersituation transparent machen“, die „Narration mitsprechen“ heisst das im Stück. Sophie Rois spielt nicht nur Antigone, sondern natürlich immer auch Helene Weigel, plus: Volksbühnen-Heroine beim Betriebsausflug in die Schweiz.“ [Frankfurter Allgemeine Zeitung]

 

Sehr gut, leichtfüssig, hinterlistig mit einer herausragenden Sopfie Rois.Und dem Männersprechchor, der anstelle der alten Dame(n) lieber einen Nazichor spielen würde und spielen darf. Zum Schluss mit einer Tanzeinlage zu Ehren des verstorbenen Prince....

28.04.2016
Pfauen
Herbert Fritsch
Wer hat Angst vor Hugo Wolf? (Uraufführung)

"Was passiert nun, wenn die antikompositionelle Visualisierung der drei Grundfarben auf die Liedkompositionen von Hugo Wolf zu den Dichtungen Eichendorffs, Mörikes und Goethes trifft? Newman bezieht sich in seinem Bildtitel „Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau?“ auf den Theatertitel „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ von Edward Albee. Albee wiederum variiert im Grunde den Titel „Wer hat Angst vorm grossen, bösen Wolf?“ – eine Komposition von Frank Churchill aus dem Jahr 1932. Herbert Fritsch fragt 84 Jahre später mit sieben singenden Frauen: Wer hat Angst vor Hugo Wolf?
[Schauspielhaus.ch]
„ Anne Ratte-Polle rotzt den „Rattenfänger“ (als Gedicht, ganz ohne Hugo Wolf) ins Stroboskopgewitter."
[Tagesanzeiger] - ein rarer Höhepunkt dieser zwar farbexplosiven und schauspielerisch überzeugenden Inszenierung. Aber: So richtig warm werde ich nicht dabei.
18.05.2016
Schiffbau
Bastian Kraft
Andorra von Max Frisch
"Bastian Kraft wurde 1980, also 19 Jahre nach der triumphalen Uraufführung von „Andorra“ am Schauspielhaus Zürich, in Göppingen geboren, ihn interessiert an Max Frischs Parabel nicht die historische Spurensuche in der Zeit der braunen Jahre; nicht die Schweiz-Kritik; auch nicht das Aktualisierungspotenzial, Stichwort Flüchtlinge. Nein, Kraft nimmt Frisch beim Wort, das „Modell“ lautete – ein Modell in zwölf Bildern. Er modelliert, mithilfe von Peter Baurs Bühnenbild, Jonas Links Videokunst, einem grossartigen Claudius Körber und ein paar harten Strichen am Schluss einen anschaulichen Abend über Ich, Über-Ich und Ich-Verlust; über Identität, Projektion und Fragmentierung.“
[Tages-Anzeiger]
"In dieser Inszenierung stecken die Andorraner also gleichsam in Andris Kopf. Und Bastian Krafts Grundeinfall leuchtet ein, wenn man bedenkt, dass Andri die ihm von der Gesellschaft zugeschriebenen Eigenschaften verinnerlicht hat. So gerät das Ganze zum brillant gemachten Psychogramm eines Aussenseiters, wobei der Gerüstbau, dessen Glasflächen laufend weiss angestrichen werden, wesentlich auch als Projektionsfläche dient für die Videos von Jonas Link.“
[Südkurier]
Wieder ganz grosses Kino im wahrsten Sinne: Ein herausragender Claudius Körber, dessen schauspielerisches Können in den Video-Gegenüber-stellungen mit sich selbst (Vater, Mutter - Andri) voll zur Geltung kommt, Bühnenbild, Henrike Johanna Jörissen als Schwester, Weissmalerin und Kletterkünstlerin und das ganze Ambiente der Inszenierung: Grossartig!


28.07.2016
Musikdorf Ernen

Barockkonzert 5
mit dem Barockensemble Ernen und Maria Keohane, Sopran
Johann Friedrich Fasch: Sonate für Violine, Oboe, Horn und Basso continuo d-Moll FaWV N:F3
Johann Pachelbel: Partie à 4 fis-Moll für Violine, zwei Violen und Basso continuo
Unbekannte/r Komponist/in: Konzert E-Dur für Horn, Oboe d’amore und Fagott
Georg Friedrich Händel: Kantate «Ah! Che troppo ineguali» HWV 230
Georg Philipp Telemann: Kanon-Sonate Nr. 5 D-Dur für zwei Violen TWV 40:122
Johann Sebastian Bach: Brandenburgisches Konzert Nr. 2 F-Dur für Violine, Blockflöte, Oboe und Horn BWV 1047
Johann Adolph Hasse: «Salve Regina» G-Dur (1744)

Ein selten gutes Konzert mit hervorragenden Bläsern & Bläserstücken. Sehr guter Sopran!